„Preference-Taxi“

Im März und April war ich dreimal zu einem Kurs der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK). Er fand in den Räumen der Funkgesellschaft Quality-Taxi in Moabit statt und beinhaltete drei „Module“: Am ersten Tag sprachen wir über das Selbstverständnis von Taxifahrern als Dienstleister. Das zweite Modul behandelte rechtliche Fragen und am dritten Tag gab es einen Einblick in die Geschichte unserer Stadt. Wirklich interessant war eigentlich nur der 2. Tag, weil doch manche rechtlichen Punkte angesprochen wurden, die den meisten von uns nicht klar waren. Das betraf Beförderungspflichten, Wartezeiten, aber auch die Rechte als Taxifahrer.

Die Ausbildung zum „Reference-Taxifahrer“ wurde von der IHK betrieben, angeblich auf Drängen einiger Hotels. Hintergrund ist, dass sich viele Taxifahrer nicht als Dienstleister benehmen, Kurzstrecken ablehnen, nicht auf den Fahrgast eingehen usw. Die etwa 20 Teilnehmer dieses Kurses wollten sich also als Preference-Taxifahrer ausbilden lassen, allerdings hatte ich bei manchen nicht den Eindruck, dass es ihnen wirklich ernst ist. Die Sprüche mancher Kollegen ließen schon erkennen, dass sie unsere Fahrgäste eher als notwendiges Übel betrachten, statt als Gast und Kunden. Von den jeweils drei Stunden kann man insgesamt eine ganze Stunde abziehen, weil immer 20 min. gewartet wurde, da immer einige Teilnehmer zu spät kamen. Auch das sagt einiges darüber aus, wie ernst sie das mit der Zuverlässigkeit nehmen.

Am vergangenen Mittwoch war dann die Prüfung in den Räumen der IHK. Zu jedem der drei Module wurden fünf Fragen gestellt, man hatte je vier Antworten, von denen nur eine richtig war. Darunter so „schwierige Fragen“, welches denn das höchste Gebäude Berlins sei: Fernsehturm, Funkturm, Schloss Charlottenburg oder Rathaus Schöneberg (wenn ich mich richtig erinnere). Dass einige den Test nicht bestanden haben, finde ich etwas befremdlich. Aber es beweist, dass solche Kurse wirklich notwendig sind – wenn offenbar auch nicht immer erfolgreich.
Im Anschluss bestiegen wir noch einen Reisebus und fuhren zwei Stunden durch Berlin. Jeder musste mal nach vorn kommen und über Mikrofon fünf bis zehn Minuten etwas über die Gegend erzählen, durch die wir gerade fuhren. Das war sehr aufschlussreich: Manche konnten zwar selbst an eher langweiligen Orten etwas Interessanten sagen, anderen fiel an sehr geschichtsträchtigen Plätzen überhaupt nichts ein. Für sie war es sicher gut, dass diese Führung nicht mehr in das Testergebnis eingeflossen ist.

Mittlerweile haben 200 Kollegen eine Ausbildung als „Preference-Taxifahrer“ bekommen. Anfang Mai soll es dann losgehen, die IHK will in Hotels und Gaststätten sowie in der Presse für diese Aktion werben. Dumm nur, dass es bisher nur eine einzige Funkgesellschaft gibt (Quality), die ausdrücklich auch Preference-Taxis vermitteln wird. Auf Nachfrage antwortete mir ein IHK-Vertreter, dass die anderen Gesellschaften bisher kein Interesse zeigen.
Daher wird es – wenn überhaupt – eher an der Halte vor den Hotels interessant sein, eine der gelben „Preference“-Plaketten am Fenster zu haben. Wenn man dadurch einige Fahrten extra bekommt, haben sich die 35 EUR Gebühr und die insgesamt 12 Stunden Verdienstausfall ja vielleicht gelohnt.

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