Phrasenmaschine

Vor einigen Stunden hat ein 18-Jähriger in München mindestens zehn Menschen umgebracht. Der Hintergrund ist bisher unklar, aber unabhängig davon hat sich bereits alle Welt dazu geäußert.
Ganz besonders betonen deutsche Politiker ihre „Betroffenheit“. Natürlich. Die Phrasenmaschinen laufen an. Noch in der Nacht betont Bundespräsident Gauck, dass ihn „der mörderische Angriff in München zutiefst entsetzt.“
Dann SPD-Chef Sigmar Gabriel: „Meine Gedanken sind bei den Opfern.“ Offenbar gibt es bei jedem Anschlag ein Wettrennen, wer diese Standardphrase als erstes in die Kameras spricht.
Gabriel : 1 – Merkel: 0

Auch im Ausland meldet man sich zu Wort. Der neue britische Außenminister Boris Johnson gibt bekannt, er sei schockiert über die Ereignisse von München. Man kann sich vorstellen, wie er mit weit aufgerissenen Augen in seinem Büro sitzt, nur eine fast unsichtbare Träne rollt ihm über die Wange.
Der französische Präsident François Hollande richtete eine „persönliche Unterstützungsbotschaft“ an Merkel. Was da wohl drin steht…?

US-Präsident Barak Obama bietet Deutschland sogar die Hilfe der USA an. Will er Drohnen nach München schicken? Auch seine beiden potenziellen Nachfolger haben sich zu Wort gemeldet.
Hillary Clinton versichert, dass die USA zu Deutschland stehen. Was das bedeutet? Keine Ahnung. Vielleicht, dass der Attentäter nicht im Auftrag der US-Regierung tötete?
Der andere Kandidat, Donald Trump, lässt eine noch größere Plattitüde ab: „Der Terror bedroht das Leben aller Menschen.“ Wow, wer hätte das gedacht.

Der Berliner Innensenator Henkel behauptet, anlehnend an den Spruch von John F. Kennedy: „Wir sind jetzt alle Münchener.“
Und weil sie so wichtig sind, meldet sich auch noch ein Fußballverein zu Wort: „Der FC Bayern München ist in Gedanken bei allen Betroffenen.“ Gut, dass wir das jetzt auch wissen.

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3 Kommentare

  1. Ich lebe in einer Monarchie. Wenn etwas Schlimmes geschieht, ist sehr schnell der König am Ort des Geschehens, drückt seine Teilnahme aus und besucht die Opfer oder deren Hinterbliebenen. Er tröstet und versichert, dass der Staat alles tun wird. Die wichtigste Botschaft ist: Der Staat lässt euch nicht alleine.

    Da hat eine lange Tradition und wirkt. Vor allem weil der König sich jeder Stellungnahme enthält, keiner Partei verpflichtet ist, keine Nebenabsichten hat und von Geburt an dazu erzogen wurde, das Volk zusammenzuhalten. Die Menschen brauchen das, und es funktioniert. Der Bundespräsident macht es manchmal ähnlich, hat aber weniger Status, weil er oft ein Politiker war.

    Das Schöne ist, dass vor diesem Hintergrund so ein Gezwitscher wie das von Frau Künast so verblassen würde, dass die Parteipolitiker meistens einfach ihren Mund halten. Was zu sagen ist, ist gesagt, und niemand könnte etwas anderes als Kleinkariertes hinzufügen.

  2. Moin,
    was da passiert ist ist schlimm! Schlimm für die Opfer, ihre Angehörigen und sicher auch für viele Zeugen, die noch lange unter einem Trauma leiden werden.
    Unglaublich fand ich am Freitag die Sensationsbeichterstattung im TV. Während in den gesendeten O-Tönen alle Zeugen von einem Täter mit Handfeuerwaffe sprachen bemühten die Moderatoren immer wieder die drei Flüchtigen mit Langwaffen. So wird Hysterie und Panik geschürt. Auch die Maßnahmen der Polizei schlagen immer höhere Wellen. Frau v.d.L will sogar die Bundeswehr einsetzen!!!! Was für ein Wahnsinn. Dadurch bekommt das ganze eine Dimension, die es gar nicht gab.
    Natürlich soll es auch nicht so laienhaft wie in München 1972 zugehen. Aber etwas mehr Augenmaß wünsche ich mir da schon. Wie es geht zeigte doch der Pressesprecher der Polizei, der ruhig und sachlich tatsächliche Erkenntnisse schilderte und keinerlei Mutmaßungen abgab.
    Lädt nicht die Sensationspresse Nachahmungstäter förmlich ein, die dann endlich einmal die Aufmerksamkeit haben, die sie sonst nicht bekommen und für ihr Tun schon gar nicht verdienen?
    Gruß Frank
    .

  3. Servus,

    es ist traurig was dort passiert ist, und noch trauriger wie viel Gewalt und Menschenverachtung in der ganzen Welt ist.
    Ich denke diese Anteilnahme ist wichtig, auch wenn es oft die gleichen Floskeln sind. Was würde passieren wenn beispielsweise unsere Bundespräsident gar nicht oder nur lapidar auf solche Vorkommnisse reagieren würde, ohne Beileidsbekundung?
    Das „Geschrei“ wäre groß, man würde ihn in der Luft zerreißen.

    Viel schlimmer und naiver finde ich solche Reaktionen wie vom Justizminister Herbert Mertin (FDP) in Rheinland-Pfalz – „Schon das geltende Waffenrecht sah vor, dass der Amokläufer die Waffe nicht haben durfte“ – der Waffenkäufe im Darknet mal einfach verbieten will. Da frage ich mich doch immer öfter, ob unsere Politiker bevor sie reden auch erst mal nachdenken?

    Gruß aus (Unter-)Franken
    Ortwin

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