Lotsenfahrt

Es kommt vor, dass Taxifahrer gebeten werden, Lotsenfahrten zu machen. Man bekommt die Zieladresse und fährt dann vor demjenigen her, der sich in der Stadt nicht auskennt. Meist sind das LKW-Fahrer, ich hatte aber auch schon einen Reisebus und sogar einen Rettungswagen.

Man muss dann immer aufpassen, dass man den Hinterherfahrenden nicht verliert, also nicht mehr bei Gelb über die Kreuzung fahren und ähnliches. In Zeiten vom Smartphone und Navigationssystem sind diese Fahrten leider selten geworden. Weil Berlin aber auch die Hauptstadt der Baustellen ist, verlassen sich manche Autofahrer nicht auf’s Navi, sondern fragen lieber den Profi.

Ich war gerade in Treptow tanken, als mich der Beifahrer eines Lieferwagens aus Sachsen ansprach. Er müsste zu einem bestimmten Hotel in Tiergarten, ob ich ihm den Weg erklären könnte. Ich konnte. Aber in Berlin führen die meisten Routen nicht nur geradeaus, was das Erklären, bzw. das Merken, schwierig macht. Nach zwei Minuten Erklärungsversuch sagte er, dass er sich das niemals merken könnte. Stattdessen bat er mich, ihm dorthin voraus zu fahren.

Das tat ich auch, nach einer Viertelstunde kamen wir am Hotel an. Einer der beiden zahlte die Tour. Ich zeigte ihm den Weg zum Parkhaus. Er meinte aber, dass sie hier ja nur einen Fahrgast abholen und dann zurück fahren würden.
„Einen Fahrgast?“, fragte ich, weil es kein Kleinbus war, sondern ein Lieferwagen.
„Ja!“, lachte er und zeigte auf die winzige Aufschrift auf der Tür: „Bestattungshaus Hoffmann“.

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