Ich bin kein Befehlsempfänger

Was mich in meiner Kindheit und vor allem Jugend besonders genervt hat, waren die ständigen Anweisungen. In der Schule natürlich, zuhause vom Vater, selten konnte ich selber bestimmen, was ich machen möchte. Sogar fremde Menschen auf der Straße meinten mir vorschreiben zu dürfen, dass ich manche Sachen zu unterlassen oder zu machen hätte: „Lass das Malen mit Kreide auf dem Gehweg“, „Runter vom Rasen“ und so weiter.

Natürlich gibt es viele Verhaltensweisen, die man als Kind lernen muss, die meine ich jedoch nicht. Was soll es z.B. für einen Sinn haben, nach dem Abendessen stundenlang am Tisch sitzen bleiben zu müssen, nur weil man den Teller nicht leer gegessen hat? Vor allem, weil man manches darauf einfach nur eklig findet, wie z.B. Blutwurst. Auch das Verbot, sich abends im Bett noch mit dem Bruder zu unterhalten, ist doch völlig unsinnig.
Schon früh habe ich so eine Abneigung gegen Befehle entwickelt, deren Zweck für mich nicht nachvollziehbar war. Deshalb gab es öfters Ärger in der Schule, während der Lehre, bei Jobs und auch in anderen Situationen.

Mein Vater, der in der Nachkriegszeit unter chaotischen persönlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, wollte seine Kinder mit Strenge erziehen. Dass er uns auf Dauer damit entfremdete, war für ihn nicht absehbar. Wir hatten ständig Verbote und Anweisungen zu befolgen und wenn wir nach dem Grund gefragt haben, war die Antwort einfach nur: „Weil ich das sage!“
Das hat uns natürlich nicht befriedigt und auf Dauer nimmt man das dann auch nicht mehr Ernst.

So war es auch, nachdem ich zuhause ausgezogen bin. Ich habe viel in Kommunen und besetzten Häusern gewohnt, es gab immer wieder Konfrontationen mit der Polizei. Diese liebt es ebenfalls, den Bürgern Befehle zu erteilen. Und genauso wie als Jugendlicher habe ich die Anweisungen dieser Leute nicht akzeptiert. Nur weil mir eine Uniform befiehlt, ich solle z.B. eine Straße verlassen, mache ich das noch lange nicht. Ich möchte eine nachvollziehbare Begründung und natürlich einen angemessenen Ton. Schließlich leben wir nicht mehr im preußischen Obrigkeitsstaat.

Manches hat sich leider bis heute nicht geändert. Die Polizei ist das eine, aber auch ein ehemaliger Chef meinte, seinen Angestellten Befehle erteilen zu können. Er verlangte sogar ernsthaft, dass wir ihm Respekt entgegenbringen sollten. Aber wie soll das funktionieren? Respekt kann man sich erarbeiten, aber nicht verlangen. Auch in Zeiten von Putin und Erdogan dürfen Diktatoren keine Chance haben, egal wie klein und größenwahnsinnig sie sind.

Auch in der Politik bin ich sehr empfindlich, was die Bevormundung angeht. Besonders bei den Grünen mit ihren Vorschriften, durch die sie die Bürger erziehen wollen, bekomme ich immer wieder Pickel. Das ist auch der Grund, weshalb ich sie schon lange nicht mehr wähle. Aber auch die Kopftuchverbote von CDU und AfD sind nicht besser, selbst wenn ich eher selten eines trage.

Ab und zu hatten auch Taxi-Fahrgäste diesen Ton drauf. Ohne einen Gruß stiegen sie ein und befahlen „Potsdamer Platz!“
Ich reagierte dann kühl und sagte erstmal „Guten Tag. Wo soll es denn hingehen?“
Meist merkten sie dann, dass ihr Verhalten unangebracht war. Einmal hatte ich jedoch einen Kunden, der in diesem Ton weitermachte. Am Ziel angekommen reagierte ich genauso, indem ich ihm den Fahrpreis anbaffte. Er zahlte wortlos, gab allerdings ein großzügiges Trinkgeld.

Klar ist jedenfalls: Verbote und Befehle bewirken oft das genaue Gegenteil. Wer sich nicht davon beeindrucken lässt, eckt natürlich manchmal an. Dabei gibt es schöne Gegenbeispiele. Während ich in Berlin manchmal von fremden Passanten dumm angemacht werde, wenn ich – weil kein Auto kommt – trotz rotem Ampellicht zu Fuß die Straße überquere, ist das in Paris ganz anders. Ist die Straße frei, laufen dort alle los, selbst die daneben stehenden Polizisten. Als Jugendlicher wurde ich dafür oft beschimpft, als wenn ich denjenigen ins Wohnzimmer gepinkelt hätte. Ich verstehe nicht, wieso manche meinen, anderen Menschen Vorschriften machen zu müssen, ohne dass sie irgendeine Berechtigung dafür haben. Die brauchen sich dann auch nicht zu wundern, wenn sie dann eine Reaktion bekommen, die ihnen nicht gefällt.

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2 Kommentare

  1. Du hast recht, die Eltern sollten sich im Dialog mit dem Kind austauschen. Die Meinung des Kindes ist sehr wichtig. Auch ich wurde nur mit „DU mußt“ in der Schule und im Beruf befehligt. Als Kind hatte ich etwas mehr Glück. Mir wurde zwar vorgeschrieben was ich darf oder nicht bekam aber auch eine Erklärung dazu.

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