Der Untertan

Der Deutsche gilt gemeinhin als guter Untertan. Mag sein, dass sich dieses Bild in den letzten Jahren geändert hat, nicht aber die Tatsache, dass er es ist. Auch mich hat die Empörung in Stuttgart gefreut, als sich der gemeine Bürger der Polizei entgegen gestellt hat. Aber das war nur oberflächlich, wie damals in den 80ern bei der Erweiterung des Frankfurter Flughafens, als der Leitende Angestellte zusammen mit Autonomen an den Bauzaun gezogen ist, um dort zu protestieren. Wenn man selbst betroffen ist, überschreitet man auch mal Grenzen, das gibt sich aber wieder. Das wächst sich raus.

Der Bürgerprotest bleibt an der Oberfläche, dafür sorgt schon die Partei, die mittlerweile zu „denen da oben“ gehört und ihre pazifistischen Wurzeln längst vergessen hat. Das grüne Etablishment ist längst so staatstragend geworden wie die Anhänger der anderen bürgerlichen Parteien. Von Andersdenkenden sind die Grünen längst gesäubert, wer das System der Bunesrepublik als Ganzes in Frage stellt, hat dort nichts mehr zu suchen. Hat man erstmal einen Krieg begonnen, dann gibt es auch keine Skrupel, asoziale Gesetze einzuführen, die die Ärmsten der Gesellschaft kontrollieren und disziplinieren sollen.
Der grüne Untertan ist nur eine farbliche Facette im Spektrum der Mächtigen. Dem Hartz-IV-Empfänger ist es egal, ob seine Hilfe von schwarzen oder grünen Regierungen gekürzt wird.

Die Deutschen geben sich heute aufgeklärt, doch solange BILD die am meisten gelesene Tageszeitung ist und auf den meisten Fernsehsendern stundenlanges Verdummungs-TV läuft, solange wird der Untertan nicht aufmucken. Im Gegenteil, er darf sich sogar aktiv beteiligen. „Leserreporter“ filmen einen halbnackten Mann, der auf der Straße kriecht, anstatt ihm zu helfen. Aber dies würde ja keine Erwähnung bringen.
„Stimmen Sie ab: Todesstrafe für Kinderschänder?“ Das Ergebnis dürfte schon vorher jedem klar sein. Da ist der Untertan seinem Herrn sogar voraus.

Wir leben in einer Demokratie. Das bedeutet, dass jeder seine Meinung sagen darf. Solange sie nicht die vorgegebenen Leitplanken überschreitet. Wer mehr verändern möchte, als nur ein paar AKWs abzuschalten, gilt schnell als Verfassungsfeind. Politische Scheuklappen sind Pflicht.
Dabei geht es gar nicht darum, dass jemand eine Diktatur errichten will, wie Nazis, Stalinisten oder religiöse Fanatiker. Es reicht schon, für eine Gesellschaftsordnung einzutreten, die sozial ist und auf gleiche Rechte beruht. Die freie Rede hat für mich ihre Grenzen da, wo versucht wird, anderen seinen Willen aufzuzwingen oder Teile der Bevölkerung als weniger wert zu bezeichnen oder zu behandeln.
Eine Demokratie, die ihren Namen verdient, gab es bisher noch nicht. Sie setzt voraus, dass sich die Menschen in den grundlegenden Punkten einig sind, so dass es nicht zu einer neuen Unterdrückung einzelner Bevölkerungsteile kommt.

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