Sex in morbidem Ambiente

Der „Club“ ist nicht leicht zu finden. Eine kleine, unscheinbare Straße nahe der Zitadelle rein, der Weg führt zwischen Lagerhäusern und Werkstätten in Kurven immer weiter von der großen Straße weg. Jetzt, am frühen Abend, sind die Betriebe schon geschlossen, dunkel auch die alte Fabrik am Ende des Wegs. Die in die Straße eingelassenen Schienen enden im Nichts unter einem Gebüsch.
Das Gebäude ist schon über 160 Jahre alt, roter Klinkerstein, drei Stockwerke hoch, mit einem kleinen Türmchen über dem Treppenhaus. Die Metallrampe dagegen ist neu, sie steht im Kontrast zum niedrigen Pförtnerhäuschen, das aber längst nicht mehr in Betrieb ist. Es ist aus Holz und hat vor vielen Jahren mal einen weißen Anstrich gehabt, heute bewacht es noch die Einfahrt mit dem rostigen Tor. Eine Neonleuchte erhellt sporadisch den Eingang, darunter spannt sich ein großes Spinnennetz, rund einen Quadratmeter groß. Die Türen sind nicht mehr zu öffnen, zugerostet, die Scheiben blind. Draußen flimmert die Hausnummer dem Gast entgegen, eher eine Funzel, die nicht mal den Fuchs erhellt, der darunter liegt und auf Beute wartet.

Mein Fahrgast ist im alten Fabrikgebäude verschwunden, auf der Suche nach bezahltem Sex. Hier ist man auf SM- und Rollenspiele spezialisiert. Nun ja, wer’s mag. Vor den verdunkelten Fenstern wächst Efeu oder Wein, ein Gebäudeflügel ist komplett zugewachsen.
Es ist still, nur die startenden Flugzeuge aus Tegel durchberechen manchmal die Ruhe. Selten kommt ein Gast oder verlässt den Club mit schnellen Schritten.
Es ist ein richtig idyllischer Ort hier an der alten Pulverfabrik. Wo einst für den Krieg produziert wurde, sind jetzt Auto- und Holzwerkstätten, kleine Firmen und eben der Club, der den Männern sexuelle Erleichterung bietet. Und auch mein Fahrgast war sehr viel entspannter, als auf der Hinfahrt.

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