Das Eldorado

Offenbar ist die queere Szene in Berlin verrückt nach dem goldenen Land El Dorado. Vielleicht als Synonym für eine Gesellschaft, in der alles schicki ist und jede/jeder/jedes auf die eigene Art glücklich werden kann. Anders ist es kaum zu erklären, dass es mehrere Lokale mit dem Namen Eldorado gab, alle vorwiegend von schwulen Männern besucht. Das berühmteste von ihnen befand sich von 1928 bis zur erzwungenen Schließung 1932 an der Ecke Kalckreuth- und Motzstraße in Schöneberg. Dabei war es nur der jüngere Bruder des Original Eldorado in der Martin-Luther-Straße.

Doch schon 1848 bestand in der Torstraße im heutigen Mitte ein Eldorado mit „Concert und Ball“. „Ein gemütliches Heim für ältere Herren“ war die Eldorado-Diele in der Kreuzberger Alten Jakobstraße, nahe des damaligen Zeitungsviertels. Und das Eldorado in der Charlottenburger Kantstraße nannte sich selbst „Treffpunkt der internationalen mondänen Welt“. Dort gab es 5-Uhr-Tee und täglich Musik von der Salon-Kapelle Raymondi.

Im Dezember 1932 verfügte der Polizeipräsident Kurt Melcher die Bekämpfung des „lasterhaften Nachtlebens“ der Stadt. Darunter fiel auch das Verbot aller „Tanzlustbarkeiten homosexueller Art“. Dutzende Lokale wurden geschlossen. Sein Werk wurde wenige Wochen später nach der Machtübergabe an die Nazis durch Hermann Göring vollendet. Er bekämpfte ebenfalls die Gaststätten, „die den Kreisen, die der widernatürlichen Unzucht huldigen, als Verkehrslokale dienen“.
Dabei war schon früh bekannt, dass auch sein Parteifreund Ernst Röhm das Eldorado in der Motzstraße besuchte. Der SA-Chef soll dort zeitweise Stammgast gewesen sein.

Überhaupt war es dieses Eldorado, das den Ruf des Namens prägte. Mehrere Romane spielen dort oder zitieren das Tanzlokal. Und auch im Lied „Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh’n“ gibt es die Strophe „In der Eldorado-Bar, saß ein Herr mit blondem Haar. Ein Fräulein sprach: Sind sie am Sonntag allein? Da lachte der Blonde und sagte: Huuuch, nein! Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehn…“

Heute befindet sich in den Räumen ein Bio-Supermarkt, der sich aber geschichtsbewusst gibt. Er nennt sich „Speisekammer im Eldorado“.

Foto: Bundesarchiv

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