Angst im dunklen Wald

Es ist ja nicht so, dass einem nachts im dunklen Wald nicht wirklich mal was passieren könnte. Böse Menschen treiben sich ja gern in finsteren Ecken herum, das ist bekannt. Aber normalerweise kann man eine Nachtwanderung machen, ohne dass etwas passiert. Die Gefahr ist fast immer eingebildet, aber machen Sie das mal einem kleinen Kind klar.
Offenbar fühlt sich auch die Intendantin der Deutschen Oper, Kirsten Harms, als ein solches Kind, das Angst hat, sich einer Gefahr auszusetzen. Und sei diese auch noch so eingebildet. Aber nein: Harms nahm die Mozart-Oper „Idomeneo“ aus dem Spielplan, aus Angst, islamische Terroristen könnten ihr Opernhaus sprengen. Oder so ähnlich.
Hintergrund der recht lächerlich anmutenden Geschichte ist, dass in dem Stück eine Szene vorkommt, in der drei Symbolfiguren von Weltreligionen geköpft werden: Jesus, Buddha und Mohammed. Da es aufgrund von Gefährdungsanalysen möglich sei, dass bei Aufführungen wie der Inszenierung „Störungen nicht auszuschließen“ seien, wurden gleich alle Schranken heruntergelassen.

Man könnte das extrem ängstlich oder auch naiv nennen. Oder aber – wenn man bösartig ist – als vorauseilenden Gehorsam verstehen. Kuschen vor einem Feind, der bisher zwar nicht in Sicht ist, aber möglicherweise ja kommen könnte, das ist unerträglich. Weil einige fundamental-islamistische Gruppen meinen, Andersdenkende mit Drohungen und Gewalt überziehen zu müssen, haben in den vergangenen Monaten zahlreiche Menschen aus Kunst und Kultur, Politik und Medien dazu aufgerufen, den Verfechtern einer mittelalterlich anmutenden Religionsvorstellung nicht zu weichen. Die Drohungen, aufgrund angeblicher Missachtung des Islams, sollen einschüchtern, obwohl diese „Missachtungen“ meist gar nicht gegeben sind. Doch im Fall „Deutsche Oper“ gab es nicht mal Drohungen. Was also soll die überzogene Reaktion der Intendantin? Die Absetzung der Oper gibt den Anhängern der absoluten Lehre das Signal, dass die Bedrohung die von ihnen ausgeht, Wirkung erzielt, dass sie berechtigt ist. Sie fühlen sich mit einer solchen Reaktion bestätigt und gestärkt und das ist die fatalste Art, mit der man den Extremisten begegnen kann.

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