Dass der Mathilde Jacob mit einem eigenen Platz und einer Stele gedacht wird, ist ungewöhnlich. Zu Lebzeiten stand sie kaum in der Öffentlichkeit und erst vier Jahrzehnte nach ihrem Tod wurden ihre Leistungen bekannt.
Formal war Mathilde Jacob ab 1913 die Sekretärin von Rosa Luxemburg. Daraus entwickelte sich jedoch eine sehr tiefe Freundschaft, zeitweise lebten die beiden sogar in der Altonaer Straße im Hansaviertel zusammen. Während 1915 und 1918 saß Rosa Luxemburg drei Jahre und vier Monate in Haft. In dieser Zeit kümmerte sich Mathilde Jacob nicht nur um Luxemburgs Wohnung, sondern war auch ihre engste Vertraute. Sie versorgte sie im Friedrichshainer Frauengefängnis mit Informationen, Material und Lebensmitteln – und sie schmuggelte das Manuskript für das Buch “Die Krise der Sozialdemokratie” (Junius-Broschüre) und die “Spartakusbriefe” heraus, kümmerte sich um den Druck und die Verbreitung.
Im Jahr 1939, zwanzig Jahre nach Rosa Luxemburgs Ermordung, konnte Mathilde Jacob Teile des Luxemburg-Nachlasses aus dem faschistischen Deutschland heraus schmuggeln und an einen Historiker aus den USA übergeben.
Als Kommunistin und Jüdin war sie natürlich längst im Fadenkreuz der Nazis. Im Sommer 1942 wurde sie vom Anhalter Bahnhof aus nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 14. April 1943 im Alter von 70 Jahren. Die Umstände ihres Todes sind bis heute unbekannt.
1985 veröffentlichte der Autor Heinz Knobloch das Buch “Meine liebste Mathilde”, in dem er das Leben Mathilde Jacobs und ihre Beziehung mit Rosa Luxemburg vorstellte. Erst durch dieses Buch kam sie ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Elf Jahre später wurde auf dem Franz-Mehring-Platz in Friedrichshain ein Relief der Bildhauerin Ingeborg Hunzinger aufgestellt. Im Februar 1997 erhielt dann auch der bis dahin unbenannte Platz vor dem Rathaus Tiergarten in Moabit den Namen von Mathilde Jacob.
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