Putschversuch in der Türkei

Am Abend gegen 22 Uhr gab es in der Türkei einen Putschversuch. Ein Teil des Militärs hat die Macht übernommen, die Städte Ankara und Istanbul, Flughäfen, Fernsehsender und andere strategische Orte wurden zumindest teilweise unter Kontrolle gebracht. In Istanbul und Ankara soll in den Straßen geschossen worden sein, teilweise mit Panzern. Dort gingen Geheimdienstler und Polizei gegen die Putschisten vor, es gab Tote. Aber auch Erdogan-treue Militärs kämpfen gegen die Putschisten.
Präsident Recep Tayyip Erdogan war an einem unbekannten Ort untergetaucht, über ein Handy-Interview hatte er zum Widerstand aufgerufen. Gegen 3 Uhr morgens landete er auf dem Flughafen in Istanbul, wo sich Tausende seiner Anhänger versammelt hatten.

Mit dem Putsch sollen nach Angaben des Militärs die verfassungsmäßige Ordnung, die Demokratie und die Menschenrechte im Land wiederhergestellt werden. Unter der Regentschaft Erdogans wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Rechte abgeschafft. Bürgerrechte und Pressefreiheit wurden massiv eingeschränkt, die Islamisierung des Staates vorangetrieben.

1980 gab es ebenfalls einen Militärputsch. Dadurch wurde jedoch nicht mehr Demokratie geschaffen. Ob dies durch diesen Putsch gelingen könnte oder überhaupt soll, ist völlig unklar. Genauso wie die Frage, ob sich der größte Teil des Militärs am Umsturzversuch beteiligt.

Erdogan, der die Türkei immer mehr in Richtung einer Diktatur entwickelte, wurde bei den letzten Wahlen von der Hälfte der Bevölkerung gewählt. Demnach könnte es auch zu einem Bürgerkrieg kommen. Schon heute Nacht gibt es in Istanbul Straßenkämpfe zwischen Erdogan-Anhängern und Gegnern. Auch in Deutschland wird es vermutlich in den nächsten Tagen zu Auseinandersetzungen kommen.

Der deutsche Regierungssprecher Seibert veröffentlichte in der Nacht einen merkwürdigen Tweet: „Die demokatische Ordnung in der Türkei muss respektiert werden“. Angesichts der undemokratischen Entwicklungen der letzten Jahre in der Türkei verwundert eine solche Stellungnahme schon etwas.

Mittlerweile (13.15 Uhr) ist klar, dass der Putschversuch gescheitert ist. Es ist zu befürchten, dass Erdogan jetzt noch mehr demokratische Rechte beschneidet.

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1 Kommentar

  1. Die Türkei hat selten „demokratische Zeiten“ erlebt. Damit ähnelt sie Deutschland. Was aber jetzt dort seit einigen Jahren geschieht ist schon bedrückend. Es scheint so, dass rings um uns her Diktaturen oder nationalkonservative Regime entstehen, Russland, Ungarn, Polen…. wer ist der nächste? (Frankreich, Holland…)
    Ich glaube es hat was mit Europa, der Nato und den USA zu tun, die solche Regierungsformen ja zu bevorzugen scheinen.
    Es schaudert mich aber schon, weil es mich an die politische Lage der 30-er Jahre erinnert. Ein Krieg schein nicht mehr ausgeschlossen oder unmöglich.
    Mittlerweile sehne ich mich nach den alten Politikern zurück, die solches nicht zugelassen hätten (Kohl, MitterandI

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