Asoziale

Es sind Leute, die ich am liebs­ten gar nicht im Taxi mitneh­men würde. Sie sind meist in Klein­grup­pen, laut und eklig. Ihre Anzüge, ihre Rolex, sind ihr zur Schau getra­ge­ner Beweis, dass sie reich sind. Arro­gan­tes Auftre­ten ist für sie normal. Sie schmei­ßen sich auf den Rück­sitz und geben im Befehls­ton das Fahr­ziel bekannt. Sie fragen nicht, ob sie die Fens­ter öffnen dürfen, sondern tun es. Da diese bei mir im Taxi aber wegen der Klima­an­lage blockiert sind, bellen sie nach vorn, damit ich sie öffne. Sie lästern sehr gerne über irgend­wel­che „Prolls“, die Frauen unter ihnen lachen dann krei­schend. Dabei sind sie alle­samt wesent­lich prol­li­ger, als wirk­li­che Prole­ten.

Andere Menschen sind ihnen egal, das bewei­sen sie in jedem Satz. Herren­men­schen, die sicher auch Skla­ven halten würden, wenn das nicht verbo­ten wäre.

Ihr heim­li­ches Haupt­quar­tier ist die Newton-Bar am Gendar­men­markt. Hier sind sie gern­ge­se­hene Gäste, das Perso­nal habe ich ähnlich arro­gant erlebt wie diese Cham­pa­gner saufen­den Gäste. In Sommer­näch­ten stehen sie drau­ßen, blockie­ren mit 100, 200 Leuten den Gehweg und die Straße, teil­weise kommen die Autos nicht mehr durch. Die Poli­zei tut nichts dage­gen. Wie würde sie wohl reagie­ren, wenn es nicht Reiche wären, sondern Obdach­lose, Punks oder türki­sche Jugend­li­che? Sicher nicht so tole­rant.

Es mag sein, dass ich gegen solche Schnö­sel Vorur­teile habe. Aber diese wurden mir einfach schon viel zu oft bestä­tigt.

Letzte Nacht hatte ich nun wieder vier von denen im Taxi, sie stie­gen mir ganz in der Nähe ins Auto. Die Newton-Bar war ihnen zu voll, sie woll­ten in eine andere, wuss­ten aber nicht, in welche.

„Bring uns mal zu einer vernünf­ti­gen Bar, aber nicht so eine abge­ranzte!“

„Wieso duzen Sie mich?“, fragte ich, obwohl mir der Grund wohl bewusst war. In seinen Augen war ich offen­bar niemand, der man siezt.

„Mein Gott, Sie sind aber empfind­lich.“

Ohne weiter zu disku­tie­ren fuhr ich los. Ich erzählte auf dem Weg, dass es ja in Mode sei, schi­cke Bars hinter bemal­ten Fassa­den zu betrei­ben. Das gefiel ihnen.

Schließ­lich ließ ich sie direkt bei der Kadt­er­schmiede raus, der Auto­no­men­kneipe in der Rigaer Straße. Hoffent­lich hat es ihnen da gefal­len. Aber Cham­pa­gner und teure Cock­tails beka­men sie dort sicher nicht.

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2 Kommentare

  1. Hahaha! Gut gemacht! Na, dass ist ja ein guter Start nach dem Urlaub, was? Ich bin froh, dass ich KEINE Beför­de­rungs­pflicht mehr aber dafür immer entspannte Gäste habe. Leider oft nicht so enspannte “Kolle­gen”. Ich kenne dieses über­heb­li­che Getue auch noch ganz gut. Erst 10 Minu­ten vor der Türe warten lassen und dann verlan­gen mit 100 nach Tegel zu rasen um den Flie­ger zu erwi­schen. Herren­men­schen. Fuck off.

    Ich empfehle allen den Film “Toni Erdmann”. Dort wird das kranke und unmensch­li­che Wesen des Kapi­ta­lis­mus super­gut abge­bil­det. Zu Recht ein Oscaran­wär­ter!

    Da hilft nur Humor. Erst wenn der letzte Fisch…

    Weiter so und nette Gäste weiter­hin ;-)

  2. Hihi,
    kenne zwar den Laden nicht, habe da aber gerade Kopf­kino. Mit Rolex und Armani da rein, da haben sie bestimmt Spaß bekom­men.
    Nicht wirk­lich nett von dir, aber geile Aktion.
    Gruß Frank

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