Der scheinheilige „Fall“ Holm

Es ist mal wieder ein Tiefpunkt im Politbetrieb Berlins: Aufgrund der Benennung von Sozialwissenschaftler Andrej Holm als Wohnungs-Staatssekretär läuft die Rechte nun Amok. Kurz vor dessen Benennung hetzten schon CDU und FDP gegen den Mann, der im Alter von 18 Jahren bei der DDR-Staatssicherheit eine viermonatige Grundausbildung absolviert hat. Dies hat er auch nicht abgestritten, sondern schon vor Jahren von sich aus öffentlich gemacht. Dafür, dass er auch Stasispitzel gewesen wäre, gibt es keinerlei Hinweise.
Dass sich nun vor allem die CDU darüber aufregt, ist natürlich scheinheilig. Immerhin war sie in der DDR als Blockpartei immer mit von der Partie und noch heute gibt es bei ihnen einige Politiker, die sich schon damals zur DDR-Regierung bekannt haben. Und zu dieser Regierung gehörte auch das Ministerium für Staatssicherheit!

Natürlich ist es problematisch, wenn einstige Stasileute heute in der Politik mitmischen. Aber jemand, der als sehr junger Mann gerade mal vier Monate dabei war, zudem noch in der Ausbildung, dem sollte man dies 27 Jahre später nicht mehr vorwerfen, zumal er sich schon bald danach davon distanziert hat.

Es ist auch fraglich, ob diese paar Monate im Jahr 1989 wirklich der Grund für die Aufregung sind. Näher liegt die Vermutung, dass vor allem die spätere politische Arbeit von Andrej Holm den Rechten nicht passt. Er hat sich immer als Linker begriffen, sein Schwerpunkt liegt seit vielen Jahren in einer gerechteren Wohnungs- und Mietenpolitik. Dass dies den Immobilienparteien nicht gefällt, ist nachvollziehbar. Und weil sie ihm inhaltlich nichts entgegenzusetzen haben, wird eben die Stasikeule rausgeholt. Stasi geht immer.
Besonders beschämend ist, dass sie auch auf einem Ermittlungsverfahren gegen Holm herumreiten. Aufgrund von Formulierungen in einem Bekennerschreiben einer militanten Gruppe behauptete die Bundesanwaltschaft im Jahr 2007, Andrej Holm wäre Mitglied dieser Gruppe. Der Bundesgerichtshof hat das jedoch verneint, was aber die Rechten nicht daran hindert, dies weiterhin anzuführen.
Die Staatssicherheit hatte für solch ein Vorgehen gegenüber Andersdenkenden übrigens ein eigenes Wort: Zersetzung.

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