Terroralarm am Adlon

Schon als im letzten Jahr die neue Botschaft der USA am Pariser Platz eröffnet wurde, spielten die Sicherheitsleute verrückt. Jeder Taxifahrer wurde als potenzieller Terrorist betrachtet, man hatte den Eindruck von Panik statt von Vorsicht.
Mein Kollege, der tagsüber auf dem Taxi fährt, erzählte, dass er seitdem immer wieder mal vom Pariser Platz vertrieben wird, wenn die Halte vor dem Hotel Adlon voll ist und die Taxis sich nach hinten stauen. Die Halte ist jedoch immer voll, also stehen auch die Wagen immer in einer langen Reihe. Wenn wieder mal ein übereifriger Polizeibeamter Langeweile hatte, dann schickte er sämtliche Taxis weg. Hatte er zuhause auch noch Ärger mit seiner Frau, dann mussten die Kollegen ebenfalls drunter leiden und ein Bußgeld bezahlen.

Abends und nachts hatte ich dort allerdings noch keinen Ärger – bis gestern. Als ich gegen Mitternacht auf den Platz kam, waren alle Halteplätze vor dem Adlon besetzt. Dahinter war es leer, also stellte ich mich wie gewohnt dort auf, doch das ging nicht lange gut. Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie ein Mann angerannt kam. Er riss die Fahrertür auf, ich zog sie wieder zu, ließ aber das Fenster ein Stück runter. Völlig durchgedreht schrie er mich an, ich solle mich „sofort verpissen“, sonst gäbe es „höllischen Ärger“. Ich war von seinem Verhalten so überrascht, dass ich ihn nicht für einen Polizisten gehalten habe, dummerweise war er aber einer. Meistens reagiere ich auf solche cholerischen Drohungen mit Lachen, so auch diesmal. Keine Ahnung warum, es kommt von allein, wahrscheinlich weil es eine so komische Situation ist. Er allerdings fand das weniger lustig als ich und brüllte weiter herum. Plötzlich ging rechts die Tür auf und eine Polizeiuniform mit Frauenkopf schaute ins Auto. Bestimmt aber freundlich forderte mich die Dame zum Wegfahren auf. Während ich zu ihr schaute, schloss ich gleichzeitig das Fenster auf meiner Seite, was der Rüpel mit „Arschloch“ kommentierte. Es war wie die Konstellation „guter Bulle, böser Bulle“, aber alles so unwirklich.

Die Polizistin erzählte mir noch den Grund des Auftritts: Neuerdings haben sie Order, aus Sicherheitsgründen alle Taxis möglichst weit von der US-Botschaft wegzuschicken. Ich dürfte mich aber gerne am Mittelstreifen hinstellen. Wie so oft in der Bürokratie sind Anordnungen unsinnig. Wenn ich nämlich am Mittelstreifen hinten stehen würde, wäre ich viel näher am Botschaftsgebäude, als an dem Platz, an dem ich in diesem Moment stand. Das sagte ich der grünen Lady auch, da musste sie lachen: „Ich weiß! Aber seien Sie froh, dass Sie überhaupt hier stehen dürfen.“

Eines weiß ich jedenfalls: Terroristen, die an der US-Botschaft eine Autobombe zünden wollen, werden sich bestimmt nicht mit dem Taxi anstellen. Stattdessen werden es sicher so machen, dass sie einfach dran vorbei fahren. Das ist nämlich erlaubt.

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2 Kommentare

  1. Jaaa, das ist wieder einmal die vernünftige Seite der Bürokratie…

    Ich bin ja froh, dass ich mich dort bisher nur einmal angestellt habe – so viel Stress würde ich dauerhaft nicht ertragen… ;)

    Kollegiale Grüße!

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