Bezirk Mitte vertreibt Obdachlose

Am Ludwig-Erhard-Ufer gegen­über des Haupt­bahn­hofs sowie nahe der Zoo-Schleuse wurden am Montag mehrere Obdach­lo­sen-Camps vom Ordnungs­amt geräumt. Die dort leben­den Menschen hatten sich teil­weise mit Zelten einen Ort einge­rich­tet, der wenigs­tens etwas Schutz vor der Nässe bot. Auch unter einer Beton­un­ter­füh­rung im Spree­bo­gen waren sie ein wenig geschützt.

Der grüne Bezirks­bür­ger­meis­ter von Mitte, Stephan von Dassel, hat diese Aktion bereits zum zwei­ten Mal in diesem Winter ange­ord­net. Er vertei­digte sie mit dem Argu­ment, es hätten dort unhy­gie­ni­sche Zustände geherrscht. Ob es gesün­der ist, wenn die Obdach­lo­sen nun unter irgend­wel­chen Brücken oder auf Höfen Schutz suchen müssen, ist zu bezwei­feln. Dassel betreibt damit eine Law-and-Order-Poli­tik, die nicht die Ursa­chen bekämpft oder den Menschen hilft, sondern die ausschließ­lich die Symptome verschwin­den lassen will. Die Obdach­lo­sen, die in den Camps auch einen gerin­gen Schutz gegen Angriffe gefun­den haben, müssen nun wieder einzeln nach Orten suchen, von wo sie nicht vertrie­ben werden.

Süffi­sant kommen­tierte Dassel die Räumung: “Der Bezirk Mitte verfügt über Unter­stüt­zungs- und Bera­tungs­an­ge­bote, damit kein Mensch bei diesen Tempe­ra­tu­ren gezwun­gen ist, auf der Straße zu näch­ti­gen”. Dies ist eine glatte Lüge. In Berlin gibt es gerade mal für viel­leicht 20 Prozent der Obdach­lo­sen einen Platz in den Notüber­nach­tun­gen. Aber von seinem warmen Büro aus ist der Herr wohl eher darum besorgt, dass die Touris­ten das Elend nicht zu Gesicht bekom­men. Da nimmt man es auch in Kauf, dass die Menschen auf der Straße verre­cken. Aber dann soll er seine Gutmen­schen­maske able­gen und die Vertrei­bun­gen nicht noch so hinstel­len, als wären sie ja im Inter­esse der Betrof­fe­nen.

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1 Kommentar

  1. Moin,moin,
    aus den Augen aus den Sinn…, wenn man die Obdach­lo­sen in der Gruppe nicht mehr sieht, wird das Problem ja nicht mehr sicht­bar.
    Obdach­lo­sig­keit ist letzt­lich eine Gefähr­dung der öffent­li­chen Sicher­heit und Ordnung. Das zur Verfü­gung stel­len von Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten ist eine Pflicht der zustän­di­gen Kommune! Ob dann die Obdach­lo­sen nicht lieber Platte machen steht dann auf einem ande­ren Blatt.
    Gruß Frank

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