Kontrolle statt Qualität

In den letzten Wochen ging es am Flughafen Tegel ja hoch her, was die neue Regelgung der Taxi-Zufahrt betrifft. Zeitweise eskalierte die Situation, die aggressive Stimmung artete ein paarmal sogar in Handgreiflichkeiten aus. Taxifahrer und vor allem Unternehmer protestierten gegen die Regelung, andere begrüßten sie, und weil noch einige andere Streitpunkte dazu kommen, war eine friedliche Lösung kaum noch möglich.

Darum geht es:

1.) Die Flughafengesellschaft (BFG) reklamiert das Hausrecht für sich und hatte schon vor ein paar Jahren den Taxi-Nachrückplatz gesperrt. Nur wer eine entsprechende Zugangskarte hatte, durfte dort drauf. Die Karte kostete 70 Euro im Jahr, wer sie nicht besaß, durfte am Flughafen also keine Fahrgäste aufnehmen.

2.) Zum 1. Juli dieses Jahres führte die BFG ein neues Zugangssystem ein: Sie verkaufte sogenannte Transponder, über die jede Zufahrt zum Platz registriert werden soll. Mit jeder Registrierung werden dem Taxi-Unternehmer 50 Cent in Rechnung gestellt, die er aber auf der Fahrpreis aufschlagen darf. Insofern zahlt der Fahrgast den Mehrpreis. Da der Fahrer vor Ort aber keinen Beleg über die Registrierung bekommt, kann er die tatsächliche Zahl nicht überprüfen. Problematisch ist auch, dass der Betrag sogar in Rechnung gestellt wird, wenn gar keine Fahrt zustande kommt. Dies kann öfter mal passieren, dann bleibt der Unternehmer auf seinen Kosten sitzen, weil ja kein Fahrgast den Zuschlag bezahlt.

3.) Die Flughafengesellschaft ist Auftraggeber, aber nicht Betreiber des Nachrückplatzes. Der wird von der Firma Q-Park verwaltet, die auch zahlreiche Parkhäuser in Berlin betreibt, z.B. das unter dem Bebelplatz. BFG und Q-Park haben versäumt, die bestehenden Verträge mit den Taxi-Unternehmen für die bisherigen Zugangskarten zu kündigen, und stattdessen einfach nur das neue System eingeführt. Die alten Verträge laufen deshalb noch mindestens bis Ende des Jahres, trotzdem wurde den Fahrer mit dieser Karte die Zufahrt verwehrt. Natürlich sind die auf die Barrikaden gegangen. Erst als ein Betrieb gegen diesen Ausschluss eine Einstweilige Verfügung erwirkte, öffnete Q-Park den Nachrückplatz wieder. Mittlerweile sind jedoch die alten Karten-Lesegeräte abgebaut worden, so dass seit letzter Woche jedes Taxi einfahren kann – unabhängig von irgendwelchen Karten oder Transpondern.

4.) Die Begründung der BFG für die Änderung war, dass mit dem zusätzlich eingenommenem Geld eine Qualitätsverbesserung erreicht werden soll. Damit würden Kontrolleure bezahlt, die neue Regeln zu überwachen haben: Alle Taxis müssen Kartenzahlung akzeptieren, die Autos sollen sauber sein, ihre Fahrer ebenfalls und zusätzlich über ausreichende Englisch-Kenntnisse verfügen.
Natürlich ist eine Qualitätssteigerung wünschenswert, aber erstens geht das die Flughafengesellschaft oder Q-Park überhaupt nichts an und zweitens sind die Anforderungen so kaum zu kontrollieren. Soll sich etwa jemand von den Securitas-Typen mit Wörterbuch ins Taxi setzen und mit dem Fahrer einen Smalltalk auf Englisch halten? Wie will er die Kreditkarten-Akzeptanz überprüfen? Mein Lesegerät ist z.B. im Handschuhfach untergebracht und da lasse ich den Hiwi ganz bestimmt nicht ran. Ob ein Auto sauber ist oder nicht ist zudem Auslegungssache. Beim typischen winterlichen Matschwetter wird sicher kaum ein Taxler vor jeder Fahrt zum Flughafen erstmal eine Autowäsche machen.
Die Befürworter der neuen Regelung argumentieren, dass damit „schwarze Schafe“ aussortiert würden, die z.B. beim Finanzamt falsche Angaben machen. Über den Transponder würden die nun erfasst. Doch auch das ist nicht eindeutig. So kann man aus der bloßen Anwesenheit weder auf eine tatsächlich stattgefundene Fahrt schließen, noch irgendeinen Fahrpreis nachweisen.
Die wirklichen Problemfälle können auch mit dem Transponder nicht beseitigt werden. Nämlich dass manche Fahrer mit Touristen große Umwege fahren. Oder dass sie oft gar keinen Taxischein haben, sondern mit dem des Bruders oder Schwagers fahren. Oder dass viele wohl kein Englisch, leider aber auch kaum Deutsch sprechen. All dies kann auch die neue Regelung nicht verhindern.

5.) Fragwürdig ist zudem das Argument der BFG, mit den 50 Cent würden die Kontrolleure bezahlt. Bisher waren ca. 3000 Taxis mit der Zugangskarte ausgestattet, was 210.000 EUR Einnahmen im Jahr entsprach. Für die paar Kontrolleure zahlt die BFGF kaum mehr als tausend Euro am Tag, also um die 365.000 im Jahr. Geht man davon aus, dass die Wagen mit Transponder in Tag- und Nachtschicht zusammen 3 x täglich am Flughafen laden (1,50 EUR) und multipliziert man das mit 365 Tagen, zahlt jeder Unternehmer mindestens 540 Euro im Jahr (bzw. die Fahrgäste). Derzeit sind rund 1000 Taxen mit dem Puck ausgerüstet, das macht bereits 540.000 EUR Umsatz pro Jahr für die Flughafengesellschaft.
Es ist jedoch anzunehmen, dass auch alle 3000 Taxis wieder in TXL laden wollen, die es auch vorher schon getan haben. Dann würden die Einnahmen auf etwa 1.600.000 EUR steigen, was nach Bezahlung der Securitate einen zusätzlichen Gewinn von über einer Million entspricht.
Sicher – ich kenne nicht die genauen Zahlen, vielleicht ist der Gewinn auch niedriger, vielleicht auch höher. In jedem Fall aber macht der Flughafen mit diesen Gebühren einen ordentlichen Reibach.

Die vorgeschobene Qualitätssteigerung ist Heuchelei, sie wird damit nicht erreicht. Wenn sie wirklich das Ziel wäre, könnte der Senat öfter mal Kontrollen der P-Scheine organisieren, wie im vergangenen Dezember. Damals wurden etwa 20 Prozent der überprüften Fahrer beanstandet, teilweise ohne Taxischein, manche sogar ohne Führerschein.
Abschließend bleibt auch zu fragen, wieso die Qualität denn nur bei den Taxis am Flughafen erhöht werden soll, nicht aber bei den Wagen, die am Bahnhof Zoo stehen, an der Halte Alt-Tempelhof oder in Hellersdorf…

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13 Kommentare

  1. Meine Meinung…
    Es ist wirklich zu absurd. Hab übrigens bis jetzt noch keinen Kunden gehabt, der mich auf das Thema angesprochen hat, der danach noch geglaubt hat, das sei eine gute Idee… und das nicht mal wegen den 50 Cent!
    Die würden die Leute ja bezahlen, wenn sie dafür ein ordentliches Taxi bekommen.

  2. Was der liebe Aro vergessen hat zu erwähnen ist, dass unsere Gewerbevertretung den Mist mit der BFG vereinbart hat. Also ich hoffe es folgt eine Austrittswelle.

  3. leider hat unsere Vereter, die Innung und Tvb, aus irgendwelchen Gründen als zugestimmt.
    Die grösste Vertretung ,mit etwa 1700 Taxen sind dagegen ,aber der Senat hat sie einfach ignoriiert.
    ich werde auf jeden Fall aus der Innung austreten.

  4. Ahmed hat gesagt: Die grösste Vertretung ,mit etwa 1700 Taxen sind dagegen ,aber der Senat hat sie einfach ignoriert.

    Das ist allerdings etwas bedenklich, denn der Senat ist meines Wissens nach verpflichtet, die größte Gewerbevertretung in seine Entscheidung miteinzubeziehen…

  5. Keine Ahnung, wer Ahmed ist, aber wir haben hier mittlerweile 3 Gewerbevertretungen, nicht nur eine. Normalerweise verlangt der Senat, dass sich alle einigen, erst dann werden Anträge von denen bearbeitet oder umgesetzt. Wer da nun größer oder kleiner ist – keine Ahnung. Aber die Entscheidung zum TXL hat soweit ich weiß auch gar nichts mit dem Senat zu tun (vielleicht irre ich mich auch, aber BFG und Q-Park sind ja nicht der Senat).
    Außerdem hängen die Fähnchen bei diesem Wetter eh jeden Tag anders im Wind ;-)

  6. Der Senat hat den neuen Taxitarif inklussive die 50 cent zugestimmt
    Taxi Deutschland war nicht eingeladen als der Tarief ausgehandelt wurde
    Da waren nur die INNUNG UND TVB
    ps
    Ahmed ist ein Taxifahrer und gegen die 50 Cent Regelung

  7. Mich als angestellten Fahrer interessieren die Gewerbevertretungen sowieso erst mal nicht. Kann ich weder ein- noch austreten.
    Ich dachte bis vor kurzem noch, dass wir in Berlin zwei davon haben; Innung und TVB.
    Wo die dritte, das ist die, die sich gegen die 50-Cent-Regelung zur Wehr setzt, herkommt weiß ich nicht.
    @Aro
    Diese Regelung steht im neuen Taxitarif, da hat die BFG nichts reinzuschreiben.
    Schaust Du hier:
    http://cab-log.blogspot.com/2009/07/neuste-meldung-aus-tegel.html#comments
    Kommentar #7
    Willst Du die PDF?

  8. weia was für ein mist da läuft bei euch.

    andererseits ist das doch DIE Geschäftsidee. Warum nicht einfach gleich alle Halten privatisieren und bewirtschaften.

    so zahlen wir bei uns seit jahren die einfuhrgenehmigung in unsere per Poller nachts zugesperrte Altstadt mit einem jährlichem Betrag, auch ca. 70 Euro, so wie jeder Anwohner, um unserer Beförderungspflicht nachkommen zu können. Da jeder sein eigenes süppchen kochte, der eine kaufte die Genehmigung, der andere aus protest nicht, war nix zu machen, inzwischen haben sie fast alle.

  9. Hallo Ly, wo ist denn bei „Euch“? Entenhausen ? Du hast ja überhaupt nicht begriffen worum es geht. Erst lesen dann schreiben.

  10. auf deutsch:

    ich finde es schon den hammer, das überhaupt die zufahrt zum flughafen seit jahren geldwert für den flughafen bzw betreibergesellschaft des halteplatzes und des nachrückplatzes bewirtschaftet werden kann, damit man der beförderungspflicht nachkommen kann, und zwar umgehend, in dem taxen sich dafür bereitstellen.
    so ist eben meine denke dazu.

    die neueste entwicklung ist doch die reinste gelddruckmaschine.

    ergo kann man doch überlegen ob nicht gleich Halten grundsätzlich bewirtschaftet werden sollten?

    nachführend das beispiel unserer gemeinde, wie sie geld reinbekommt das wir zahlen damit wir da befördern können und eben nicht die kunden 2 km mit koffer laufen lassen.

    klar ist das auch unser geschäft, aber klar haben wir auch beförderungspflicht.

    bleibt doch die frage offen warum die verwaltung bei euch da mitspielt.

    und ich stelle eben die böse frage wieviel von den zu erwartenden einnahmen der betreibergesellschaft in den stadtsäckel laufen, an steuer zb.

    war das jetzt ausführlich ? ;-)

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