Der Schnauzbart ist 70

Wolf Biermann ist ja ein Mensch, an dem sich die Geister scheiden. Während die einen in ihm einen Helden des Widerstands in der DDR sehen, ist er für andere nur ein Schreihals, der keinen Ton richtig trifft. Wahrscheinlich stimmt beides.
Biermann wurde vor genau 30 Jahren, am 16. November 1976, aus der DDR „ausgebürgert“, während er sich auf einer Konzertreise in die Bundesrepublik befand. Man ließ den ungeliebten Sänger einfach nicht mehr zurück ins Land, nachdem er dort bereits elf Jahre lang Auftrittsverbot gehabt hat. Als ehemaliger FDJ-Vorzeige-Barde und Bekannter des Ehepaars Honecker hatte sich Biermann in den 60ern immer mehr der Opposition zugewandt. Vor allem seine Freundschaft zu Robert Havemann, einst im Widerstand gegen das Nazi-Regime, dann in Opposition zum Stalinismus, wurde ihm übelgenommen. Wolf Biermann ist dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt und so war der Weg zum Verbot sehr kurz. Mehrere Schallplatten, die er in den 70er Jahren aufnahm, konnten nur in der Bundesrepublik erscheinen. Nur seine Popularität in der DDR bewahrte ihn wahrscheinlich vor einem Schicksal in Stasihaft.
Nach seinem Rausschmiss begann eine Protestwelle, die die DDR bis zu ihrem eigenen Ende nicht mehr in den Griff bekam. Zahlreiche Künstler protestierten öffentlich gegen die Ausweisung. Die weniger bekannten unter ihnen kamen ins Gefängnis, die Prominenten gingen später entweder in den Westen oder ins innere Exil. Nur wenige hielten ihre Opposition offen aufrecht.
Wolf Biermann begann 1976 sein nächstes Leben in Hamburg, wo er sich in bekannter Weise zu Vielem äußerte, oft auch lautstark und manchmal unerträglich – aber immer genau treffend, jedes Wort ist wie ein Pfeil ins Schwarze, seit nunmehr 30 Jahren provoziert er noch immer harten Widerspruch oder begeisterte Zustimmung.
Anlässlich seines 70. Geburtstags am 15. November wird ihm von Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz verliehen. Alles Gute, alter Schnauzbart!

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