Plumpsklos für Berlin ab 2019

Die Woche kommt „Das Letzte der Woche“ eine Stunde früher als sonst. Oder später? Da blickt ja kaum jemand mehr durch. Es kommt jeden­falls.

Über­haupt, diese Woche. In den Medien war viel von „Trauer“ die Rede. Aber nicht ein beson­ders belieb­ter Mensch ist gestor­ben, sondern am späten Frei­tag­abend landete ledig­lich die letzte Maschine von Air Berlin in Tegel. Die Zeitun­gen über­schlu­gen sich mit Beileids­be­kun­dun­gen, „Ein Teil der Berli­ner Iden­ti­tät“ wurde uns genom­men, „Viele haben geweint“. Zum Heulen ist eher diese eher lächer­li­che Bericht­erstat­tung, denn wer schon mal tatsäch­lich einen gelieb­ten Menschen verlo­ren hat, der weiß, was Trauer wirk­lich bedeu­tet. Auf jeden Fall nicht die Pleite einer Flug­ge­sell­schaft, die offen­bar sehr schlecht gewirt­schaf­tet hat. Der RBB wartete in einer nicht enden wollen­den Sonder­sen­dung sogar live auf dem Flug­ha­fen auf die Landung der Maschine. Da diese sich über eine Stunde verspä­tete, musste der arme Repor­ter Breit­feld sich eine Flos­kel nach der ande­ren ausden­ken. Auch eine während­des­sen stän­dig inter­viewte Ange­stellte von Air Berlin konnte irgend­wann nur noch von vorn anfan­gen mit ihren Plat­ti­tü­den. Dabei gibt es durch­aus Grund zum trau­rig sein, denn wie es jetzt aussieht, verlie­ren mehr als 4.000 Menschen ihren Arbeits­platz. Am Mitt­woch schei­ter­ten die Verhand­lun­gen zur Grün­dung einer Träger­ge­sell­schaft für sie. Vor allem das Bundes­land Bayern weigerte sich, einen Teil der benö­tig­ten 50 Millio­nen Euro dazu­zu­ge­ben. Kein Geld für Preu­ßen!

Keine gute Woche hatte auch die Berli­ner Poli­zei. Nach­dem sie bereits am 18. Septem­ber einen Einbruch in ihr Krimi­nal­tech­ni­sches Museum bekla­gen musste, das sich ausge­rech­tet im Poli­zei­prä­si­dium befin­det, gab es dies­mal gleich zwei Einbrü­che in Marzahn. Beide Male wurden sicher­ge­stellte Autos von einem abge­schlos­se­nen Poli­zei­ge­lände in der Ceci­li­en­straße geklaut. Das Neben­tor, durch das die Autos gestoh­len wurden, war nur durch eine einfa­che Kette verschlos­sen. Nun fahn­det sie nach dem Diebes­gut. Hätten sie das Gelände mal mit Kame­ras gesi­chert.

Diese setzt die Bundes­po­li­zei bekannt­lich derzeit im Bahn­hof Südkreuz ein, eben­falls zur Fahn­dung. Nach knapp der Hälfte der Test­phase zur Gesichts­er­ken­nung gab ein Spre­cher der Bundes­po­li­zei bekannt, dass die Tests bisher störungs­frei verlau­fen seien. Dies ist aber keine Aussage darüber, ob die 300 Test­per­so­nen auch jedes Mal erkannt wurden. Statt­des­sen ist die Poli­zei nur froh darüber, dass die Kame­ras bisher nicht zerstört wurden. Offen­bar müssen da mili­tante Daten­schüt­zer noch nach­bes­sern.

Stolz verkün­dete die Poli­zei auch das Ergeb­nis ihrer fünf­tä­gi­gen Aktion gegen Falsch­par­ker. Zusam­men mit Ordnungs­äm­tern und BVG wurden Autos aufge­schrie­ben, die auf Busspu­ren oder Radstrei­fen geparkt waren. Von den 6.795 erwisch­ten Fahr­zeu­gen wurden jedoch nur 282 abge­schleppt. Offen­sicht­lich ist es wich­ti­ger die Bußgel­der zu kassie­ren, anstatt die Spuren frei­zu­ma­chen. Es fragt sich auch, wieso es dafür eine Sonder­ak­tion geben muss. Schließ­lich sind alle betei­li­gen Insti­tu­tio­nen täglich auf den Stra­ßen unter­wegs, kümmern sich aber meis­tens einen Dreck drum, wenn Radfah­rer von ihrer Spur in den Auto­ver­kehr aussche­ren müssen, weil wieder alles zuge­parkt ist.

Auch die BVG-Busse sind natür­lich davon betrof­fen, trotz Busspur haben sie wegen falsch gepark­ter Autos oft Verspä­tung. Nun beklagt sich die BVG auch gegen die Auswei­tung der Tempo-30-Zonen, weil diese die Busse zusätz­lich ausbrem­sen. Dabei sind die Busse heute schon nur in einem Durch­schnitts­tempo von knapp über 20 km/h unter­wegs.

Aber auch die Radfah­rer haben es nicht leicht. In der stets über­vol­len Orani­en­straße ist es lebens­ge­fähr­lich, mit dem Fahr­rad unter­wegs zu sein. Deshalb gab es dort vor einer Woche eine Sitz­blo­ckade, mit der rund 200 Radler/innen gegen ihre Gefähr­dung protes­tier­ten und einen freien Radweg forder­ten. Tatsäch­lich wurde dort drei Tage zuvor ein Radfah­rer durch einen unacht­sa­men Auto­fah­rer schwer verletzt. Kurz nach der Blockade kam es an der Ecke zur Adal­bert­straße zu einem weite­ren schwe­ren Unfall durch ein rechts abbie­gen­des Auto. Dabei könnte die Orani­en­straße viel freier sein, wenn die Poli­zei die ganzen Halte­ver­bote durch­set­zen würde. Tut sie aber nicht.

Eben­falls in der Orani­en­straße protes­tier­ten einen Tag später „mehrere schwarz geklei­dete Täter“ auf ihre Weise gegen die Gentri­fi­zie­rung. Sie warfen in der Nacht zum Diens­tag mehrere Schei­ben des neu eröff­ne­ten Edel-Hotels Orania ein und im Dunkel der Nacht. Ob es was nützt? Es ist jeden­falls Teil der typi­schen Kreuz­ber­ger Protest­kul­tur.

Protes­tiert hat auch die grüne Kreuz­ber­ger Bürger­meis­te­rin Monika Herr­mann. Nämlich über den harten Umgang mit Obdach­lo­sen, vor allem auch durch die Bürger­meis­ter von Mitte (Stephan von Dassel, Grüne) und Neukölln (Fran­ziska Giffey, SPD). Sie bezeich­nete deren Verhal­ten in der Zeitung Neues Deutsch­land als „wider­lichs­tes poli­ti­sches Thea­ter“. Dabei sollte sie sich selbst nicht ausschlie­ßen, immer­hin wurde nur eine Woche zuvor auch in ihrem Bezirk ein klei­nes Obdach­lo­sen­zelt­dorf abge­ris­sen und die Betrof­fe­nen vertrie­ben.
Viel­leicht hätte sie sich mal dafür einset­zen sollen, dass statt des Edel-Hotels am Orani­en­platz ein vernünf­ti­ges Obdach­lo­sen­heim einge­rich­tet wird.

Auch zum Thema Flücht­linge gibt es seit letz­ter Woche viel Aufre­gung. „Zwangs­pro­sti­tu­tion von Asyl­su­chen­den“ schreit es einem entge­gen, Wach­per­so­nal im Heim am Fehr­bel­li­ner Platz soll als Zuhäl­ter fungiert haben. Beweise gibt es keine, die im Fern­se­hen inter­view­ten Sozi­al­ar­bei­ter und Wach­schüt­zer sind in dem Heim unbe­kannt. Aber das ist egal. Sicher ist, dass sich manche Flücht­linge bei Frauen und Männern prosti­tu­ie­ren. Solange das frei­wil­lig geschieht, ist es auch nicht ille­gal und kein Grund für eine solche Sensa­ti­ons-Bericht­erstat­tung. Wenn schon, dann sollte lieber nach­ge­fragt werden, wieso manche Flücht­linge dies tun. In der Regel sicher, weil sie kaum Geld zum Leben erhal­ten und es deshalb auf diese Weise aufbes­sern. Wenn man schon von Zwangs­pro­sti­tu­tion spricht, dann eher durch die Sozi­al­be­hör­den!

Noch­mal zurück zum wider­lichs­ten poli­ti­schen Thea­ter. Dies fand letzte Woche auch in der SPD statt. Zwei mäßig bekannte Abge­ord­nete, Sven Kohl­meier und Dennis Buch­ner, schos­sen gegen den Regie­ren­den Bürger­meis­ter Michael Müller. Da Sven Kohl­meier der Busen­freund des Frak­ti­ons­füh­rers und Müller-Kontra­hen­ten Read Saleh ist, wird vermu­tet, dass vor allem dieser hinter der Atta­cke steckt.
In einem Offe­nen Brief schrei­ben die beiden, Müller sollte Verant­wor­tung für das schlechte Abschnei­den der Partei bei der Bundes­tags­wahl über­neh­men. Aus der ande­ren Ecke werden die Brie­fe­schei­ber als unso­li­da­risch und Foul­spie­ler bezeich­net, andere nennen sie gar „Quar­tals­irre“. Bleibt abzu­war­ten, wie es beim SPD-Landes­par­tei­tag am 11.11. abgeht. Helau!

Der eine soll weg, ein ande­rer ist dafür wieder zurück. Am Donners­tag wurde der von der türki­schen Regie­rung als Geisel gehal­tene Mitar­bei­ter von Amnesty inter­na­tio­nal, Peter Steudt­ner, wieder frei­ge­las­sen und ist nach Berlin zurück­ge­kehrt.

Weg ist dage­gen ein deut­scher Ex-Türke. Er wurde in der Nacht zum Mitt­woch wegen Waffen­be­sitz verhaf­tet. Und diese Waffen hatten es in sich: Zwei Maschi­nen­pis­to­len AK47, mehrere Pisto­len, Revol­ver und tausende Schuss Muni­tion fanden die Poli­zei in seiner Wohnung. Der 40-jährige Ömer A. soll regel­mä­ßig eine sala­fis­tisch geprägte Moschee besucht, jedoch keine Anschläge geplant haben. Er wurde nun ins Gefäng­nis gesteckt, auch weil er nur wegen einer Bewäh­rungs­strafe auf freiem Fuß war. Damals war er wegen ille­ga­len Waffen­be­sitz verur­teilt worden.

Nach schlim­men Nach­rich­ten über Waffen, Gewalt, Über­wa­chung, Trauer, Obdach­lo­sen und erzürn­ten Genos­sen nun noch etwas Schö­nes: Der Berli­ner Senat plant für 2019, wenn der Vertrag mit der Firma Wall ausge­lau­fen ist, neue öffent­li­che Toilet­ten­an­la­gen aufzu­stel­len. Anders als die jetzi­gen, die behin­der­ten­ge­recht sind, ein Wasch­be­cken inte­griert haben und sich nach jeder Benut­zung selbst­stän­dig reini­gen, sollen andere ange­schafft werden. Die „Bio-Toilet­ten“ sollen ohne Wasser auskom­men, die Ausschei­dun­gen werden in einer Art Plumps­klo aufge­fan­gen und weiter­ver­ar­bei­tet.
Wie die Toilet­ten in Senats­re­gie bisher ausse­hen, kann man derzeit z.B. in der öffent­li­chen Anlage am Schä­fer­see in Reini­cken­dorf besich­ti­gen: Versifft, kaputt, stin­kend.

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1 Kommentar

  1. Ha. Der gute, alte Schä­fer­see. Meine alte, unge­liebte HEIMAT. Die Halte dort ist alleine einen Kurz­film wert. Einmal erlebte ich wie ein Urein­woh­ner Berlins die deut­sche Natio­nal­hymne in seinem Taxi laut aufdrehte mit den ande­ren Mitglie­dern der “Schä­fer­see­ta­xi­ma­fia” salu­tierte. Sie hatten sigar einen eige­nen Aufkle­ber auf der Heck­scheibe. Irgend­was mit “deut­schem Schä­fer­see” oder so. Damit ist über die Stim­mung dort alles gesagt. Diese Fahrer sind aber unter­des­sen bestimmt in den verdien­ten RUHE­STAND gegan­gen. Jetzt laufen dort andere Songs. Einmal malten Nazis ein riesen­gro­ßes Haken­kreuz für die Begrü­ßung der Gäste von Air Berlin auf den gefro­re­nen See. Nun flie­gen dort (noch immer!)andere Linien. Gut, dass ich dort weg bin!

    Und ja! Frau Herr­mann ist uner­träg­lich.

    Und ja! Der RBB auch!

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