Merkwürdige am Hauptbahnhof

Der Berli­ner Haupt­bahn­hof ist nicht nur riesig, sondern dort findet man auch stän­dig Menschen die – freund­lich ausge­drückt – etwas merk­wür­dig sind. Im vergan­ge­nen Sommer sah ich dort einen sehr alten Mann, nur mit String-Tanga und offe­nem Pelz­man­tel beklei­det. Regel­mä­ßig führt eine alte Frau ihre vier bis sechs Hunde im und am Bahn­hof spazie­ren. Jugend­li­che aus dem nahen Hostel, die auf Klas­sen­fahrt in Berlin sind, beneh­men sich oft dane­ben und bekom­men dann Ärger mit dem Wach­schutz. Vor eini­gen Jahren probte in der Südhalle ein Gospel­chor, offen­bar waren das eben­falls Touris­ten.

Nicht, dass ich irgend­was dage­gen hätte, jeder soll nach der eige­nen Façon glück­lich werden, nicht wahr Fried­rich? Manch­mal aber wundere ich mich schon etwas mehr. So z.B. bei Sper­rung des Tier­gar­ten­tun­nels über die zahl­rei­chen Auto­fah­rer, die offen­bar nicht in der Lage sind, die Zeichen zu erken­nen. In diesem Fall sind diese Zeichen
1. Schil­der, die das Einfah­ren in den Tunnel am Euro­pa­platz verbie­ten,
2. große gelbe Blink­lich­ter über der Straße, die auf eben jene Schil­der hinwei­sen sowie
3. eine große, rot-weiß-gestreifte Schranke mit roten Blink­lich­tern, die quer über die Fahr­bahn geschwenkt ist und verhin­dert, dass Autos in den Tunnel fahren.

Trotz all dieser unüber­seh­ba­ren Zeichen gibt es bei jeder Ampel­phase ein paar Auto­fah­rer, die trotz­dem versu­chen, in den Tunnel zu kommen. Da die Schranke erst nach ca. 10 Metern die Durch­fahrt versperrt, stehen dann plötz­lich 2, 4 oder mehr Fahr­zeuge wie die Kuh vorm Berg. Der einzige Weg raus ist dann, rück­wärts wieder auf die Kreu­zung zu fahren, in den rollen­den Verkehr hinein. Das ging dort schon mehr als einmal schief.

Gestern aller­dings so rich­tig: Manche Auto­fah­rer meinen nämlich, sie müss­ten vom Euro­pa­platz kommend links extra schnell in den Tunnel rasen. Blöd, wenn dies gleich mehrere tun und der erste plötz­lich eine Voll­brem­sung machen muss, um nicht gegen die Schranke zu bret­tern. So hatten letzte Nacht die Fahrer vor vier oder fünf Autos erst­mal genü­gend Zeit, sich über die Verkehrs­re­geln Gedan­ken zu machen. Denn sie muss­ten auf die Poli­zei warten, nach­dem sie alle inein­an­der gefah­ren waren.

Gewun­dert habe ich mich auch über meine Fahr­gäste, die es eben­falls letzte Nacht geschafft haben, mich inner­halb von viel­leicht fünf Minu­ten auf die Palme zu brin­gen.

Es war schon vorher klar, dass es eine kurze Fahrt wird. Im Funk­auf­trag, der mich zur Kreu­zung Tor-/Chaus­see­straße schickte, stand als Ziel bereits „Haupt­bahn­hof“. Zwar verstehe ich nicht, wieso man sich dafür extra ein Taxi bestellt, wenn man an einem Ort wohnt, an dem jede Minute ein bis fünf leere Taxis vorbei­fah­ren. Ich verstehe auch nicht, wieso ich 15 Minu­ten dort warten muss, bis die Leute dann endlich runter­kom­men, ohne sich für die Verspä­tung zu entschul­di­gen. Statt­des­sen maul­ten sie rum, dass ich 5 Minu­ten zuvor das Taxa­me­ter ange­stellt habe. Eigent­lich star­tet man es schon beim Eintref­fen am Abhol­ort.

„Zum Haupt­bahn­hof“ zickte eine der beiden Frauen mich an. Über die Inva­li­den­straße waren wir schnell dort. Kurz vor dem Bahn­hof fuhr ich rund 200 Meter weit in die Zufahrt über das Fried­rich-List-Ufer am Euro­pa­platz zum Eingang. Dort ange­kom­men fragte mich der Mann, was sie dort sollen. „Sie woll­ten zum Haupt­bahn­hof, hier ist der Eingang“, antwor­tete ich.
„Wir woll­ten aber zum Stei­gen­ber­ger!“, zischte eine seiner Beglei­te­rin­nen.
„Das kann ich ja nicht wissen, wenn Sie mir das nicht sagen.“
„Jetzt werden Sie nicht auch noch pampig! Außer­dem heißt es ja wohl ‚Stei­gen­ber­ger am Haupt­bahn­hof‘. Haupt­bahn­hof!“
„Nein, es heißt ‚Stei­gen­ber­ger am Kanz­ler­amt‘. Kanz­ler­amt – nicht Haupt­bahn­hof!“ Ich hatte jetzt genug. Ich stehe ja dazu, wenn ich einen Fehler mache, aber mir solchen Mist anzu­hö­ren, dazu hatte ich für die paar Euro keine Lust.
„Wollen Sie jetzt hier ausstei­gen und durch den Bahn­hof durch­lau­fen oder soll ich außen rum fahren?“

Natür­lich hatten die Herr­schaf­ten keine Lust zum Laufen, also ging‘s zurück zum Euro­pa­platz, dann einmal um den ganzen Bahn­hof rum. Dort ange­kom­men woll­ten sie ernst­haft 2 Euro weni­ger zahlen, weil ich ja einen Umweg gefah­ren sei. Ich reagierte kühl, nahm mein Handy und sagte: „Dann werde ich mal die Poli­zei rufen. Das Taxa­me­ter läuft dann aller­dings weiter.“
Der Mann warf mir einen Zehner hin, die Frauen zisch­ten wieder herum, irgend­was von „Unver­schämt­heit“, dann verschwan­den sie im Hotel.

Mal schauen, was mich morgen am Haupt­bahn­hof erwar­tet.

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2 Kommentare

  1. Tja, lieber einen alten Mann mit String-Tanga und 6 Hunden im Wagen als solche Typen :)
    Als Fern­bahn­kunde bevor­zuge ich das ruhige und umstei­ge­freund­li­che Südkreuz, aber danke für den Tipp. Wenn mir also nach schrä­gen Vögeln ist, werde ich gerne am Hbf nach­se­hen ;)

  2. Ach ja, immer noch der tägli­che Wahn!- macht einfach keinen Sinn.Unhöfliche und dumme Menschen ähneln sich in ihrer Art welt­weit! Aber was kümmert´s die Eiche …

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