Scheinheilige Toilettenlogik

Auf den Männer-Toiletten vieler Fastfood-Restaurants wurden in den vergangenen Jahren Pissoirs aufgehängt, die ohne Wasser funktionieren. Das bedeutet, dort wird nicht mehr gespült, weder auf Knopfdruck, noch automatisch. Das sogenannte Urimat soll nach eigenen Angaben trotzdem geruchslos bleiben, was schon mal nicht stimmt. Teilweise stinken sie sehr.

Die Betreiber werben damit, dass ihr „Vorbildliches Umweltprogramm“ jedes Jahr „wertvolles Trinkwasser“ spart. Das ist eine nichtssagende Aussage (jedes Jahr wieviel?), die zudem bezweifelt werden darf. Natürlich ist Trinkwasser wertvoll, vor allem in Gegenden, in denen es zu wenig davon gibt. Das ist in Deutschland jedoch nicht der Fall. Hier gibt es aufgrund vieler Seen und Flüsse, ausreichender Niederschläge und hoher Grundwasserspiegel mehr als genug Wasser. Dass trotzdem immer mehr davon gespart wird, ist für die Entwässerung ein Problem. Dadurch verstopfen nämlich in Berlin viele Abwasserrohre und müssen umständlich freigespült werden. Im Endeffekt wird also nicht weniger Wasser verbraucht, es wird nur teurer, weil die Leitungen speziell freigehalten werden müssen. Vorbildlich ist es also nicht.

Dazu kommt, dass diese Urinale zwar erstmal Wasser sparen – gleichzeitig ist aber jedes einzelne von denen mit einer beleuchteten Werbeanzeige versehen, die Strom verbraucht. Bei mehreren Toiletten pro Filiale kommt da schon einiges zusammen. Dieser Strom wird derzeit vor allem aus fossilen Brennstoffen gewonnen, von einem „vorbildlichen Umweltprogramm“ kann also nicht die Rede sein.

Diese Toiletten sind nichts anderes als scheinheiliger Umweltfake, der nur dazu dient, den Fastfood-Firmen ein positives Image zu verpassen. Das sind allerdings die gleichen Restaurants, die sämtlichen anfallenden Müll, egal ob Plastik, Papier oder Essensreste, zusammen entsorgen. Eine Trennung findet dort nicht statt. Vorbildlich ist das sicher nicht.

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2 Kommentare

  1. Sie erzeugen auf die Dauer noch andere Kosten: Es bilden sich dann relativ schnell Urinsteinablagerungen in den abführenden Rohren, wenn nicht nachgespült wird.

  2. Speziell für Berlin aus einem weiteren Grund kontraproduktiv, da der Grundwasserspiegel steigt:
    https://www.vdgn.de/ihr-problem/grundwasser/grundwasser-gefahr-berlin/
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/grundwasser-anstieg-berlin-wird-zum-venedig-an-der-spree-4464108

    Allerdings gibt es in Deutschland durchaus Gegenden, wo es den Wasserwerken schwerfällt, ausreichend Wasser bereitzustellen ohne es über längere Strecken zu transportieren. Entweder weil das regionale Grundwasser nicht ausreicht oder nicht in der erforderlichen Qualität vorhanden ist (Nitrat usw.).
    In Nürnberg etwa traf man vor über 100 Jahren eine Entscheidung mit Weitblick: https://de.wikipedia.org/wiki/Rannaleitung

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