Ministerium am Wilhelmplatz

Der Wilhelm­platz in Mitte war einmal eine gute Adresse. Direkt an der Einmündung der Mohrenstraße gelegen, mit Ziersträuchen und geschwungenen Grünflächen versehen, war er eine Zierde des preußischen Regierungsviertels. Denn schon im 19. Jahrhundert war die Wilhelmstraße Sitz mehrerer Ministerien und anderer Regierungseinrichtungen.
Am Wilhelmplatz entstand 1933 das Reichspropaganda-Ministerium, nach dem Krieg nutzte es Wilhelm Pieck. Seit 1999 befindet sich hier der Sitz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Das architektonische Herzstück des einstigen Wilhelmplatzes war das klassizistische Prinz-Karl-Palais, ehemals Ordenspalais, das von August Stüler nach Plänen des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel gestaltet wurde. Erbaut wurde das Gebäude bereits im Jahre 1737 als Palais der Johanniter, der Umbau für den Prinzen Karl von Preußen erfolgte 1827/28. Schinkel gab der ehemaligen Villa ein moderneres Gesicht. Ein Teil der Einrichtung, für die er ebenfalls zuständig war und die an die Möblierung römischer Villen erinnerte, steht heute im Kunstgewerbemuseum.

Während des 19. Jahrhunderts wechselten die Nutzer des Palais mehrmals. Obwohl dem Adel 1918 nach dem Sturz der Monarchie seine Stadtvillen größtenteils beschlagnahmt wurden, durfte Prinz Friedrich Leopold von Preußen das Ordenspalais behalten.
Im Oktober 1919 wurde es Sitz der Vereinigten Pressestelle der Reichsregierung, eines Unterorgans des Auswärtigen Amtes. Täglich um 12 Uhr mittags fand im Gartensaal des Gebäudes eine Pressekonferenz statt, bei der sich ein Regierungssprecher auch den Fragen der in- und ausländischen Journalisten stellte.

Nach der Machtübernahme der Nazis zog am 13. März 1933 Joseph Goebbels‘ „Ministerium für Propaganda und Volksaufklärung“ in das Palais ein. Der Tätigkeitsbereich des Ministeriums war keineswegs auf die Presse beschränkt; es übernahm die Lenkung und Kontrolle der Literatur, der bildenden Kunst, des Films, des Theaters und der Musik. Wichtigstes Überwachungsinstrument war die Reichskulturkammer, die dem Propaganda-Ministerium unterstand. Das Ministerium übte Kontrolle über die Kultur und sämtliche Medien aus. Die weiterhin um mittags stattfindenen Pressekonferenzen glichen eher Weisungen an die Journalisten, als Verlautbarungen der Regierung.

In den Folgejahren erhielt das Ministerium zahlreiche weitläufige Anbauten zwischen dem Wilhelmplatz und der Mauerstraße, um die wachsende Zahl von Mitarbeitern unterbringen zu können. Im Jahr 1939 arbeiteten immerhin etwa 2.000 Personen in Goebbels‘ Ministerium. Der größte Teil der neuen Anlage wurde zwischen 1934 und 1934 in Betrieb genommen. Die Architektur der Neubauten trägt die für die damalige Zeit typischen monumentalen Züge.
Ein großer Teil des Komplexes ist bei Bombentreffern 1944 und ’45 schwer beschädigt worden und brannte aus, nur das Ordenspalais überlebte alle Bombardements. Im März 1945, jedoch warf ein einzelner Bomber nur eine Luftmine ab – und zerstörte damit das gesamte Palais.

Nach dem Krieg sprengte die sowjetische Besatzungsmacht 1947 die Reste des Ordenspalais, die dahinter liegenden, ausgebrannten Bauten des einstigen Propaganda-Ministeriums wurden jedoch verschont.
Ein Teil davon richtete man wieder her, so dass 1949 Wilhelm Pieck als erster und einziger Präsident der DDR dort einziehen konnte.
1990 wurde hier das neu geschaffene DDR-Medienministerium unter Hans Modrow einquartiert, dem aber nur wenige Monate beschieden waren. Im folgenden Jahr bezog das Bundesumweltamt für fünf Jahre die Räume, bis 1997 eine Sanierung des gesamten Komplexes begann. 1999 konnten dann die ersten Mitarbeiter des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung ihre Büros beziehen.

Foto: 1949, Bundesarchiv, Bild 183-S87232 / Rudolph
CC-BY-SA 3.0

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