Hitze macht dumm im Kopf

Heute war wieder so eine Nacht. Eine Taxi­schicht, die man sich einfach nicht wünscht und die nur nervt. Keine Ahnung, viel­leicht ist die Hitze mit Schuld daran.

Die City West voll, wegen der Leicht­ath­le­tik-Euro­pa­meis­ter­schaft ist der nörd­li­che Breit­scheid­platz für Autos gesperrt. Und natür­lich bekam ich als Erstes einen Funk­auf­trag zum Hotel Palace: Hinweis: Über Kurfürs­ten­straße anfah­ren. Nur stand dort leider eine Poli­zei­sperre und die einge­setzte Beam­tin war beson­ders schlau. Denn obwohl ich gar nicht bis zum Platz durch­fah­ren wollte, ließ sie mich nicht durch, mit der Begrün­dung, der Platz wäre gesperrt. Meinen Einwand, das Hotel wäre vor dem Platz und ich würde dann auch wieder umkeh­ren, wenn ich meinen Fahr­gast hätte, inter­es­sierte sie nicht. Da könnte ja jeder kommen und sowas behaup­ten. Ich zeigte ihr den Auftrag im Display, was sie mit der Bemer­kung konterte, das könne mir ja auch jeder zuschi­cken. Da während Diskus­sion die Durch­fahrt auch für „berech­tigte Fahr­zeuge“ versperrt war, kam nun einer ihrer Kolle­gen und wollte mich wegschi­cken. Ich bestand darauf, zum Hotel durch­fah­ren zu können. Er: „Na dann fahren Sie doch!“ Seine Kolle­gin ging wort­los aus dem Weg, plötz­lich ging es also.
Vor dem Hotel ange­kom­men wartete natür­lich niemand. Der Door­man wusste von nichts. Ich rief die Zentrale an und nach einer Minute sagte sie, der Fahr­gast wäre wohl schon weg. Super. Zum Glück habe ich vorher nicht schon eine Stunde am Taxi­stand gestan­den, um dann eine Fehl­fahrt zu haben.

Das kam erst am frühen Abend. Genau 69 Minu­ten Warten an der Taxi­halte Savi­gny­platz, die um diese Zeit eigent­lich ganz gut läuft. Dann ein Funk­auf­trag, ein super­teu­res Hotel am Stein­platz. Von dort geht es oft in die City Ost, ich freute mich schon auf eine hoffent­lich ertrag­rei­che Tour. Es wurde gerade Grün, ich raste die 200 Meter bis zur Uhland­straße, dann links abbie­gen. Keine zwei Minu­ten nach dem Losfah­ren kam ich am Hotel an. Rein­ge­hen, melden, fragende Gesich­ter an der Rezep­tion. Sie hätten kein Taxi bestellt, viel­leicht die Bar nebenan? Auch die wuss­ten von nichts. Mehr als eine Stunde umsonst rumge­stan­den, meine Laune war auf dem Niveau des Stra­ßen­be­lags. Dazu die uner­träg­li­che Hitze, die vor allem nega­tive Gefühle noch verstärkt.

Aber ich schluckte es runter, Frust gehört beim Job dazu, man muss damit umge­hen. Ich fuhr nun den Kudamm hoch und runter und hatte auch bald eine Fahrt nach Steglitz. Am Ziel ange­kom­men fiel der Dame auf, dass sie kein Geld dabei­hatte. Und auch keine EC- oder Kredit­karte. Und auch zuhause sei kein Geld, versi­cherte sie mir gleich mehr­mals. Ansons­ten schien sie die Tatsa­che aber nicht zu stören, dass sie die Taxi­fahrt nicht zahlen konnte. Statt­des­sen fragte Sie frech: „Und, was wollen Sie nun machen?“ Sie sah es über­haupt nicht als Problem an.

Ich war nun rich­tig sauer und sagte, dass ich die Poli­zei rufe, dann würde es eine Anzeige wegen Betrugs geben. Das würde dann sehr viel teurer als eine Taxi­fahrt. Plötz­lich brüllte sie mich auf Russisch an, wahr­schein­lich Belei­di­gun­gen, die ich glück­li­cher­weise nicht verstand. Dann stieg sie einfach aus, ging auf die Haus­tür zu, schloss sie auf und drängte sich rein.

Ich rannte hinter­her und konnte gerade so verhin­dern, dass sie die Tür schloss. Nun schrie ich sie an, dass das eine Saue­rei ist und dass sie eine Krimi­nelle wäre. Sie ließ sich nicht beein­dru­cken, ging nach oben. Ich hinter­her, um der Poli­zei später sagen zu können, wohin sie verschwun­den sei. Doch sie klin­gelte an einer Tür im zwei­ten Stock. Dort sprach sie mit einer Nach­ba­rin und bekam von ihr einen 20-Euro-Schein. Den reichte sie mir, nicht ohne mich wieder auf Russisch zu beschimp­fen. Ich sah sie verächt­lich an und tappelte zurück zum Taxi.

Zwei, drei Stun­den später verschlug es mich noch zum Olym­pia­sta­dion. Hier finden derzeit die Haupt­ver­an­stal­tun­gen der Leicht­ath­le­tik-EM statt. Es war fast alles vorbei, nur noch verein­zelt kamen Leute raus. Da sonst kein Taxi da war, wartete ich einige Minu­ten am Olym­pi­schen Platz. Tatsäch­lich steu­er­ten schon bald drei Leute auf mich zu, ein mittel­al­ter Mann und zwei recht junge Frauen. Schon während er mir das Fahrt­ziel „Crowne Plaza Hotel“ nannte, merkte ich, dass er einen aggres­si­ven Ton hatte. Ich fragte, welches Crowne Plaza er meinte, denn es gibt zwei davon. Er wieder­holte genervt und betont lang­sam: „Crowne Plaza Hotel“. Meine Frage, ob das in der Nürn­ber­ger Straße oder in der Halle­schen Straße beant­wor­tete er, indem er den Namen ein drit­tes Mal aufsagte.

„Wenn Sie mir nicht sagen, in welches der beiden Crowne Plaza Hotels Sie wollen, kann ich Sie nicht fahren!“ Lang­sam war ich sehr genervt von dem Typen. Ich war froh, dass er nicht direkt neben mir saß. Statt­des­sen mischte sich nun eine der beiden Frauen ein und sagte in ruhi­gem Ton, dass es in der Nähe vom Kudamm sei. Ich bedankte mich und fuhr in die Nürn­ber­ger Straße. Der Typ fing von hinten noch­mal an zu stän­kern, als ich in die Kant­straße fuhr. Aber ich igno­rierte ihn, so wie das auch die beiden Frauen taten. An Ziel meckerte er noch­mal über den angeb­li­chen Umweg, ich konterte nur mit „ja, ja“. „Ja ja heißt leck mich am Arsch“, blökte er, wenig fanta­sie­voll. Ich ließ das unbe­ant­wor­tet, grinste aber etwas. Die Frau neben mir grinste zurück.

Glück­li­cher­weise ist eine solche Häufung von nerven­fres­sen­den Erleb­nis­sen die Ausnahme. Am Ende meiner Schicht ging es dann noch­mal für 50 Euro vom Wedding nach Klein­mach­now und Wann­see. Auf der leeren Rück­fahrt nahm ich den Umweg über die Havel­chaus­see, die nachts nur von Taxis befah­ren werden darf. Man ist also unge­stört, wenn man dann einen Stopp am klei­nen Strand einlegt und für ein paar Minu­ten ins Wasser geht. Das habe ich getan und es war alles wieder gut :-)

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Teils, teils

An der Ecke Grünberger/Warschauer Straße habe ich lange gestan­den, nach allen vier Himmels­rich­tun­gen aufmerk­sam geblickt und versucht, den Charak­ter der Gegend zu erfas­sen. Lautes Hin-und-Her, die Grün­ber­ger Straße: eine Durch­gangs­straße für die, die es besser […]

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