Neue? Oder lieber gar keine mehr?

Hitler am Berliner Lustgarten, bei ersten “Tag der nationalen Arbeit” am 1. Mai 1933

Der Regierende Michael Müller hat vor Kurzem den Vorschlag gemacht, dass es in Berlin einen zusätzlichen Feiertag geben solle. Als Grund wurde genannt, dass andere Bundesländer teilweise viel mehr gesetzliche Feiertage hätten, als Berlin. In Bayern sollen es sogar 5 Tage mehr sein, allesamt christliche, weil die Bauern ja angeblich so religiös sind.
Ich finde die Forderung sehr befremdlich, sie erinnert an kleine Kinder: Der hat ein Eis, ich will auch ein Eis haben!

Die Idee kam bereits im vergangenen Jahr auf, als der Reformationstag der Evangelen ausnahmsweise ein einziges Mal in Berlin als Feiertag galt. Dies wurde anlässlich des 500. Jubiläums von Luthers Thesenanschlag beschlossen. In Brandenburg wird diesem Antisemiten schon lange mit einem eigenen freien Tag gedacht.

Überhaupt geht es ja offenbar nur darum, einen zusätzlichen arbeitsfreien Tag einzurichten. Sonst würde man jetzt nicht überlegen, welchen man nehmen könnte. Müsste es nicht andersrum laufen? Also, dass man ein wichtiges Datum hat, auf das man gerne immer wieder mit einem Feiertag aufmerksam machen will? Schon die Auswahl der Vorschläge geht in verschiedene Richtungen:

  • 27. Januar: Befreiung des KZs Auschwitz 1945.
  • 8. März: Der internationale Frauentag.
  • 18. März: Versuch einer Revolution 1848. Außerdem 1990 Datum der einzigen freien Wahlen in der DDR.
  • 8. Mai: Befreiung vom Faschismus 1945.
  • 23. Mai: Das Grundgesetz tritt in 1949 Kraft, offizielle Gründung der BRD.
  • 17. Juni: Arbeiteraufstand in der DDR 1953, war in der BRD bis 1990 offizieller Feiertag „Tag der Einheit“.
  • 15. August: Mariä Himmelfahrt. Das genaue Datum finden Sie vermutlich in der Bibel.
  • September/Oktober: Jom Kippur. Der Versöhnungstag ist seit über 1.400 Jahren der höchste jüdische Feiertag.
  • 31. Oktober: Reformationstag, Luther beschädigt 1517 die Tür des Schlosskirche in Wittenberg.
  • 9. November: 1918 doppelte Ausrufung der Republik. Gedenken an die Reichspogromnacht 1938. Und Datum der Maueröffnung 1989.
  • 16. November: Internationaler Tag der Toleranz.

Wann und wie nun einer dieser Tage ausgewählt wird, ist unklar. Und auch, ob man ihn überhaupt braucht. Denn wenn man sich die bestehenden Feiertage anschaut, werden sie selten genutzt, um an den eigentlichen Anlass zu erinnern. Sicher, zu Weihnachten wird viel Brimborium mit Krippe und Stall veranstaltet. Doch dient das eher der Ankurbelung des Konsums, als darum, an sogenannte christliche Werte zu erinnern. Sonst würden nämlich wenigstens um die Weihnachtstage herum Flüchtlinge endlich mal nicht beschimpft und verfolgt werden, schließlich waren auch Josef und Maria welche.

Ostern verbindet man eher mit dem heiligen Hasen, „Christi Himmelfahrt“ mit männlichen Saufgelagen. Und worauf sich Pfingsten oder Buß- und Bettag beziehen, weiß vermutlich auch kaum jemand, der nicht bibelfest ist.
Nur am 1. Mai und 3. Oktober wird tatsächlich öffentlich an den Ursprung des Feiertags gedacht. Wobei auch diese Tage eher wirklich zum Feiern genutzt werden, unabhängig von ihrem Hintergrund.

Man kann feststellen, dass die Diskussion über einen neuen Feiertag überflüssig ist. Egal, welcher es letztendlich wird, die meisten Menschen werden sich über weniger Arbeit freuen, aber nicht dem Anlass gedenken. Insofern könnte man auch sämtliche Feiertage abschaffen. Und damit man doch ab und zu freie Tage hat, gibt man einfach jeden 1. eines Monats frei. So können alle ihren Silvesterrausch ausschlafen und alle Bundesländer haben an gleich viel Tagen frei.

Foto: Bundesarchiv, Bild 102-15783 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de

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