Mit Seehofer im Taxi

Manch­mal hat man im Taxi schon ein beklem­men­des Gefühl. Ich meine nicht, weil man Angst vor einem Über­fall hat oder sowas. Viel schlim­mer: Es könnte sein, das einem Horst Seeho­fer ins Taxi steigt. OK, schlim­mer wäre vermut­lich noch das Pärchen Gauland und Weidel, aber wir wollen es ja nicht über­trei­ben.

Mein Auftrag mit der neutra­len Adresse Alt-Moabit 140 und einem weib­li­chen Privat­na­men wunderte mich erst­mal nicht. Ich habe schon öfter Fahr­gäste vom Bundes­in­nen­mi­nis­te­rium abge­holt, das ist nicht unge­wöhn­lich.
Aller­dings musste ich erst­mal eine Weile an der Einfahrt warten, weshalb mir irgend­wann der Mensch von der Bundes­po­li­zei ans Fens­ter klopfte, auf wen ich denn warten würde. Ich sagte den Namen und er reagierte sofort zustim­mend: “Ach so, dann ist es ok”.
Zwar wunderte mich, dass er in einem solch großen Haus ausge­rech­net meinen Fahr­gast kennt, aber viel­leicht ist er ja ein Gedächt­nis­ge­nie.

Nach rund 10 Minu­ten Warte­zeit stieg dann tatsäch­lich eine rela­tiv junge Frau ein. Auf der linken Seite, von mir erst unbe­merkt, kam dann Horst Seeho­fer ins Auto, sagte aber nichts. Ich sah ihn nur im Rück­spie­gel. Noch bevor sie mir das Fahr­ziel nennen konnte, fing sie an zu lachen: “Nein, das ist er nicht!” Sofort lach­ten beide und dabei hörte ich, dass “Herr Seeho­fer” in Wirk­lich­keit eine Frau war, die ihn aber wirk­lich sehr ähnlich sieht, jeden­falls auf dem ersten Blick und im Rück­spie­gel.
Die beiden klär­ten mich auf, dass ich nicht der erste Taxi­fah­rer wäre, der dachte, er hätte den Innen­mi­nis­ter im Auto.

Sie fragte mich, ob das so schlimm wäre, wenn es wirk­lich Seeho­fer gewe­sen wäre. Ohne nach­zu­den­ken sagte ich “Es muss nicht sein.“In glei­chen Moment fiel mir ein, dass die Antwort even­tu­ell nicht so schlau war, aber ihre Reak­tion war Lachen und ein “Das kann ich mir denken!”

Wie sich während der Fahrt heraus­stellte, arbei­ten beide offen­bar in höhe­ren Posi­tio­nen im Minis­te­rium und sind alles andere als Seeho­fer-Fans. Im Gegen­teil. Zuerst unter­hiel­ten sie sich unter­ein­an­der über irgend­ei­nen neuen Faux­pas, den er sich geleis­tet hat. Es war schnell klar, dass sie nicht seine Fans waren. Offen­bar geht er auch mit seinen Unter­ge­be­nen nicht beson­ders fein­füh­lig um.
Da sie mich irgend­wann ins Gespräch mit einbe­zo­gen, durfte ich dann auch meine Meinung sagen. Sie waren über­rascht, weil sie dach­ten, alle deut­schen Taxi­fah­rer würden die Poli­tik von Seeho­fer guthei­ßen.

Ich bestritt, dass er über­haupt eine klare Poli­tik betreibe, aber das was er macht ist natür­lich schon kata­stro­phal genug. Sie sagten, manche im Minis­te­rium würden ihn “Donald Seeho­fer” nennen, weil er gerne so wie Trump wäre.
Eine erzählte, dass es unter den Ange­stell­ten mitt­ler­weile Seeho­fer-Witze geben würde, die man aber nur unter der Hand weiter­erzäh­len dürfe. Bloß nicht per E‑Mail, denn das ganze Minis­te­rium-Intra­net wird über­wacht.
Die andere glaubte nicht, dass dort auch nach Witzen gesucht würde, aber die Jüngere sagte dass sie das weiß, nicht nur annehme. Jede einzelne Nach­richt würde gescannt und gele­sen. Und wer Witze über Seeho­fer verbreite, würde mit Sicher­heit Ärger bekom­men. “Wie damals beim Staats­rats­vor­sit­zen­den.” Wieder lach­ten beide.

Im Laufe der Fahrt erzähl­ten sie noch, dann inner­halb des Innen­mi­nis­te­ri­ums die meis­ten nicht glau­ben, dass Seeho­fer noch allzu lange Minis­ter blei­ben würde. Und dass er auch merkt, dass ein Groß­teil der Bediens­te­ten ihm gegen­über nega­tiv einge­stellt sind. Dane­ben gibt es aber noch die Karrie­ris­ten und Rech­ten. So wie sie das sagte, meinte sie wohl eher Rechts­ra­di­ka­len. “Es gibt bei uns schon ein paar, die würden sich auch über einen Innen­mi­nis­ter Gauland freuen”, sagte sie. Aber das ist eine kleine Minder­heit.

Insge­samt war es eine inter­es­sante Fahrt, weil ich mal einen klei­nen Einblick bekom­men habe, wie es in der Burg aussieht. Und dass Horst Seeho­fer nicht mal inner­halb seines eige­nen Minis­te­ri­ums von den Ange­stell­ten respek­tiert wird.

print

Zufallstreffer

Schleuse
Weblog

Der erste Frühlingstag

Früh­lings­ge­fühle oder Morgen­luft wittern? Schon gestern Nach­mit­tag krib­belte es mir beim ersten kurzen Sonnen­schein in der Nase. Der Geruch und das Gefühl von erwa­chen­den Leben drau­ßen durch­flu­te­ten meinen Körper für einen Moment. Es war, als […]

4 Kommentare

  1. Lustig und inter­es­sant, wie so oft.
    Dieses­mal aller­dings mit gemisch­ten Gefüh­len für mich. So wie ich dich einschätze erfin­dest du keine Geschich­ten, z.B. um aus reinem Eigen­in­ter­esse über Seeho­fer herzu­zie­hen (welcher mir hier recht egal ist). Und wenn bekannte Persön­lich­kei­ten in dein Taxi gestie­gen sind hast du bisher immer den Namen außen vor gelas­sen. In dem Fall war es ja niemand wirk­lich Bekann­tes, aller­dings haben die Damen hier anschei­nend einige Internas raus­ge­las­sen, welche sich evtl. rächen könn­ten. Wie bei Michael über mir war mein erster Gedanke auch, welche Frau möchte bitte wie Seeho­fer ausse­hen… danach kam mir jedoch das es mit Sicher­heit nicht viele auf diesem Plane­ten geben wird auf die dies wirk­lich zutrifft, erst recht nicht im Innen­mi­nis­te­rium. Entspre­chend sollte es für die Mitar­bei­ter zumin­dest nicht allzu schwer sein das entspre­chend zuzu­ord­nen, wenn sie schon von ande­ren Taxi­fah­re­ren verwech­selt wurde.
    Oder du warst recht schlau und hast zumin­dest dieses kleine Detail geän­dert und es war gar keine Frau. Das würde ich dir zutrauen, zum Schutz der Person, wenn auch immer noch nicht ganz unge­fähr­lich für diese.

    Wie dem auch sei, wenn die Geschichte so stimmt würde ich sie an deiner Stelle so abän­dern das es nicht mehr eindeu­tig ist wer da in deinem Wagen geläs­tert hat. Und wenn das heißt auf den lusti­gen Einstieg zu verzich­ten. Zusam­men mit meinem Kommen­tar.
    Vlt ist die Wahr­schein­lich­keit gering das die Story so weite Kreise zieht, vlt auch nicht, wer vermag das schon einzu­schät­zen. Und veröf­fent­licht ist es auch schon, also wäre es auch nur eine Verrin­ge­rung der Wahr­schein­lich­keit.

    Auf jeden Fall kenne ich dich so nicht und es über­rascht mich. Vlt aber auch nur eine Unacht­sam­keit, wie sie jeder einmal unter­liegt.

  2. Hallo Oli,
    danke dass Du mich so einschätzt. Offen­bar kennste mich ja ganz gut. Auf jeden Fall ist die Person nicht gefähr­det, erkannt zu werden.

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*