“Ich hasse Kleingeld”

Früher Abend, ich stehe an erster Stelle der Taxi­halte am Bahn­hof Zoo. Genau genom­men stehe ich sogar als Einzi­ger dort, nämlich auf der rech­ten Seite, direkt am Bahn­hof. Ich verstehe bis heute nicht, wieso sich die Kolle­gen fast alle auf der linken Stra­ßen­seite hinstel­len, an den Bushal­te­stel­len. Zwar stei­gen dort tags­über tatsäch­lich mehr Fahr­gäste ein, aber schnel­ler kommt man auf der rech­ten Seite weg. Das ist aber mein Geheim­nis, also bitte nicht weiter­sa­gen!

Jeden­falls stand ich gestern Abend gegen 20 Uhr dort, als ein höchs­tens 20-jähri­ger Kerl auf mich zukam und an die Scheibe klopfte. „Kannst Du auch auf 500 raus­ge­ben?“, fragte er mich ernst­haft. Ich antwor­tete: „Wenn wir nach Rostock fahren, dann ja. Das kostet etwa 460 Euro“.
Er schaute mich etwas verdat­tert an, stieg aber ein und fragte: „Das war jetzt ein Witz, oder?“
„Nö, das kostet wirk­lich 460 Euro.“
Ich genoss seine Unsi­cher­heit, aber ohne Häme. Dass man im Taxi nicht mit einem 500er zahlen kann, sollte ihm klar sein.
Nun zog er sein Geld aus der Tasche und hatte mindes­tens drei 500-EUR-Scheine in der Hand sowie einen 200er. Den zeigte er mir, aber ich schüt­telte nur den Kopf.

„Egal, dann muss meine Freun­din das zahlen“, sagte er und nannte die Pari­ser Straße als Ziel. Das ist nicht wirk­lich weit, aber ich gehöre nicht zu den Taxi­fah­rern, die ihre Fahr­gäste unfreund­lich behan­deln, wenn diese nur eine kurze Tour haben.
Dann erklärte er mir, er würde 500er sammeln. Deshalb sei er auch froh, dass ich die nicht wech­seln kann. „Ich hasse Klein­geld, weißte“.

Auf dem Weg rief er seine Freun­din an und sprach extrem unhöf­lich mit ihr. Sie soll doch gefäl­ligst mit 15 Euro runter­kom­men, ob sie zu blöd ist, das zu kapie­ren. So ging das die ganze kurze Fahrt über, es war mir unan­ge­nehm, da mitzu­hö­ren.

Am Ziel ange­kom­men ließ er sein Handy auf dem Sitz liegen und holte das Geld, das seine Freun­din ihm an die Tür gebracht hatte. Das Taxa­me­ter zeigte 6,70 Euro. Er reichte mir drei 5er und verab­schie­dete sich. Ich dachte, er hätte sich verzählt und wollte mir 10 Euro geben. Aber als ich ihn drauf aufmerk­sam machen wollte, wieder­holte er seinen Spruch von vorher: „Ich hasse Klein­geld“. Tja, wer spen­da­ble reiche Eltern hat, kann sich solche Trink­gel­der leis­ten…

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3 Kommentare

  1. Hmm, ich “hasse” auch Klein­geld — in dem Sinne, dass ich immer versu­che, den Bestand an Münzen in meinem Porte­mon­naie (privat — ich habe beruf­lich nichts mit Bargeld zu tun) so gering wie möglich zu halten. Bei Schei­nen sieht es dann schon anders aus, da habe ich gerne eine bunte Mischung bei mir, aber ungerne größere Scheine als 50er.

    Wenn er also 5‑Euro-Scheine als Klein­geld ansieht, das er hasst, kann er mir gerne mal eine Schub­karre voll geben. Würde ich sogar abho­len kommen…

  2. Moin, moin,
    schade, bei den “Fünfern” habe ich dann ja schon zwei harte Konku­ren­ten. :-)
    Ich erin­nere mich an einen S/W‑Film. Da hat eine Bank eine Bank­note über 1 Million engl. Pfund ausge­stellt.
    Ein rela­tiv armer Tropf kam dann in den Besitz dieser Note. Die Folge war dann, dass er egal wo er zahlen wollte für einen ganz beson­de­res reichen Mann gehal­ten wurde, und es den ganzen Dienst­leis­tern eine Ehre war ihn einzu­la­den. Viel­leicht lag es eben auch daran, dass keiner wech­seln konnte.
    Gruß Frank

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