Fuck the Rich

Es gab Zeiten in Berlin (damals West), in denen sich die Reichen der Stadt im Grune­wald verschanz­ten und sich nur ab und zu mal auf dem Kudamm blicken ließen. Mit dem großen Teil der Berli­ner Bevöl­ke­rung woll­ten sie nichts zu tun haben.
Mitt­ler­weile aber sind sie selber viel mehr gewor­den und tun so, als wären sie die Herren der Stadt. Vor allem rund um den Gendar­men­markt haben sie ihre Lokale und Restau­rants, darun­ter die Newton-Bar, über die ich hier und hier schon mal geschrie­ben habe. Aber auch das Restau­rant Borchards gehört dazu. Da ich dort bereits zwei­mal Fehl­fahr­ten hatte, also die Leute sich bereits ein ande­res Taxi gewun­ken haben, fahre ich dort eigent­lich nicht mehr vom Halte­platz aus hin. Dies­mal erhielt ich den Auftrag aber unter­wegs, inner­halb von zwei Minu­ten war ich auch in der Fran­zö­si­schen Straße. Nun muss man wissen, dass dort nicht jeder rein­kommt. Schon am Eingang wird man darauf­hin abge­checkt, ob man auch Ober­mensch genug ist, die ehren­vol­len Hallen zu betre­ten. Ich war es eindeu­tig nicht.
Da es drau­ßen eisig kalt war, stand der Aufpas­ser im Inne­ren, so dass ich erst­mal rein kam. Sofort schnauzte er mich an, was ich dort wolle. Aller­dings merk­wür­di­ger­weise auf Englisch. Keine Ahnung, ob er kein Deutsch spricht, aber ich antwor­tete auf Deutsch, dass ich die Taxi­fahr­gäste abho­len will. Er verstand angeb­lich nicht und musste sich dann um Gäste kümmern, die das Lokal verlas­sen woll­ten. Vorn gibt es die Garde­robe, und bei diesem Wetter hatten alle irgend­wel­che Mäntel Umhänge, Stolen und sowas dabei. Das dauerte.
Dann kam ein ande­rer auf mich zu, wollte eben­falls wissen, was ich da will. Glei­che Antwort von mir, mitt­ler­weile recht genervt. Er schaute auf seinen Rech­ner und meinte, es wäre kein Taxi bestellt worden. “Natür­lich”, sagte ich und zeigte ihm den Auftrag auf meinem Handy. Aber das inter­es­sierte ihn nicht.
Er sprach mit dem ande­ren, kam dann auf mich zu und sagte, ich solle vor der Tür warten, die Gäste kämen gleich. Doch alle, die nun raus kamen, hatten kein Taxi bestellt. Ich stellte mich also so hin, dass alle um mich herum­lau­fen muss­ten, wohl wissend, dass die Türste­her mich von innen sehen konn­ten. Nach etwa fünf Minu­ten kam wieder einer raus und meinte auf extrem arro­gante Art, ich sollte weg gehen, es gäbe keine Fahr­gäste für mich. “Das hier ist öffent­li­ches Stra­ßen­land, hier können Sie mich nicht wegschi­cken”, antwor­tete ich. Er verschwand wieder hinter seiner Glas­tür, beob­ach­tete mich aber weiter.
Dann kam ein älte­res Paar heraus, sie im Pelz. Meine Frage, ob sie ein Taxi bestellt hätten, beant­wor­te­ten sie erst gar nicht. Dann schau­ten dann verächt­lich an mir herun­ter und sagten: “Ganz. Sicher. Nicht.” Dabei zogen sie beide ange­wi­derte Gesich­ter. Nun reichte es mir mit der Diskri­mi­nie­rung und ich spuckte ihnen vor die Füße. Dabei konn­ten sie noch froh sein, dass ich sie nicht getrof­fen habe.
Während sie anfin­gen, auf mich zu schimp­fen und mich zu verflu­chen, setzte ich mich wieder ins Taxi und fuhr meiner Wege. Und ich beschloss, soweit das möglich ist, nicht mehr solche wider­li­chen Geld­sä­cke zu fahren, für die normale Menschen offen­sicht­lich bloß Abschaum sind. Aufträge von bestimm­ten Restau­rants und Bars werde ich nicht mehr anneh­men.

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Zufallstreffer

Berlin

Jagd auf Schwarzfahrer

Die BVG hat ange­kün­digt, dass sie künf­tig noch verstärk­ter als bisher Jagd machen wird auf Menschen, die in den Bussen, Stra­­ßen- und U‑Bahnen ohne Fahr­schein unter­wegs sind. Schon in der vergan­ge­nen Mona­ten hat sie die […]

7 Kommentare

  1. Den Dünkel und die Vorur­teile, die Dich stören — beides trägst Du in Dir drin.
    Wer Menschen nur aufgrund ihrer Herkunft oder gar ihrer Klei­dung beur­teilt, denkt letz­ten Endes rassis­tisch.

    • Schön gesagt, aber falsch. Es geht mir um das Auftre­ten, nicht um Geld oder Klei­dung. Auch wenn es so rüber­kommt. Aber das Herren­men­schen­tum spüre ich in den letz­ten Jahren immer öfter, das von einer bestimm­ten Klasse von Leuten ausgeht.

  2. vorur­teile sind das nicht. ich habe mitt­ler­weile auch die schnauze voll von solchen leuten. nicht alle sind arro­gant, aber im schnitt doch sehr viel. deswe­gen meide ich auch bestimmte aufträge, z.b. auch den china club.

  3. Aro, was Du beschrie­ben hast, ist das Krebs­ge­schwür einer kran­ken Gesell­schaft, leider gibt es dafür keine Thera­pie.
    Genau dieses Geschwur­bel meinte der Merz, als er sagte die flei­ßi­gen sollen weni­ger Steu­ern zahlen.
    Da wird noch eini­ges auf uns zukom­men.

  4. Wirk­lich mal wieder eine krasse Geschichte. Klingt fast wie im Film. Auch solche Storys waren für mich vor vielen, vielen Jahren der Grund nicht mehr als Taxi­fah­rer zu arbei­ten. Menschen die sich gegen­über mir wie Herren­men­schen aufführ­ten und Befehle ertei­len woll­ten…

    Am trau­rigs­ten empfinde ich den ersten Kommen­tar des „Josh­tree“. Er argu­men­tiert mittels einer Umkehr der Fakten und scheint mir ein gut ausge­bil­de­ter Mani­pu­la­tor zu sein, der es perfekt gelernt hat mit irgend­wel­chem esote­ri­schen Gesülze die Tatsa­chen so zu verdre­hen, dass die Opfer selbst schuld und immer die Dummen sind. Auch von solchen Menschen sollte man sich unbe­dingt fern­hal­ten. Ich nenne solche Menschen Verrückt­ma­cher. Sie sind das pure Gift. Viel besser ist es sich auf den norma­len Menschen­ver­stand und sein Herz zu verlas­sen.

  5. Hallo,
    ich habe auch das Gefühl, dass der Respekt vor Dienst­leis­tern abge­nom­men hat. Das betrifft aber auch das Perso­nal, das in den geschil­der­ten Läden von den Kunden auch schlecht behan­delt wird. Warum die dann wieder dich runter­ma­chen kann man sicher erklä­ren, ist aber trotz­dem doof und respekt­los.
    Ich bin mir sicher, dass Kran­ken­schwes­tern, Verkäufer/innen usw. ähnli­che Erleb­nisse schil­dern können. Da beneh­men sich aber Kunden quer durch alle Schich­ten mies. Das muss mit dem Gefühl zu tun habe “… ich bezahle (dich), also kusche!…”
    Ich erlebe gott­sei­dank meis­tens, dass Perso­nal beson­ders freund­lich wird, wenn auch ich sehr freund­lich bin. Das hat dann gar nicht immer was mit Tip zu tun.
    Gruß Frank

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