Mikrofone in der U-Bahn

Dass sich die BVG immer mehr zu einem Betrieb entwickelt, der gerne seine Fahrgäste überwacht, weiß man längst. Durch fast 11.000 Kameras in Bussen, Zügen und Bahnhöfen wird man beobachtet und diese Zahl steigt jährlich um 10%. Nun wurde bekannt, dass sie sich nicht mit dem Filmen der Passagiere begnügt. Ein Großteil der Kameras hat auch Mikrofone und kann die Aufnahmen übertragen. Man mag den Video-Überwachung bei sehr gutem Willen zu Gute halten, dass sie eventuell Straftaten aufklären hilft. Offenbar aber nicht die Straftat, dass die BVG ihre Fahrgäste abhört.

Laut BVG werden die Kameras ab Werk mit Mikrofonen geliefert, sind standardmäßig aber nicht in Betrieb. Doch was soll man von einer solchen Aussage halten, wenn der Verkehrsbetrieb bisher nicht mal zugegeben hat, dass er überhaupt in der Lage ist, die Passagiere zu belauschen? Erst auf Nachfrage aus dem Abgeordnetenhaus hat die BVG das zugegeben. Und wieso bestellt sie Kameras mit Mikrofonen, wenn sie diese doch gar nicht braucht? Und wenn sie in der Lage zur Audio-Überwachung ist, wieso werden die Fahrgäste nicht per Schildern darauf hingewiesen, so wie auch auf die Video-Überwachung?

Der FDP-Abgeordnete Marcel Luthe sagt dazu: „Die BVG legt die technische Grundlage für eine anlasslose Totalüberwachung der Bürger. Jede vorhandene Technik wird früher oder später eingesetzt und sodann auch das gesprochene Wort von einem Staatsunternehmen überwacht.“

Den Fahrgästen bleibt künftig nur die Gewissheit, in Bussen und Bahnen genau überlegen zu müssen, was sie in Gesprächen von sich geben. Denn eine nachvollziehbare Begründung, wieso die Kameras auch zum Abhören geeignet sind, hat die BVG bisher nicht geliefert. Vielleicht ja: „Weil wir dich lieben“

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4 Kommentare

  1. Darf nicht JEDER in der ÖFFENTLICHKEIT Aufzeichnungen machen?!?
    Dann gilt nicht StGB 201, maximal Persönlichkeitsrecht. Das regelt aber nicht die Aufzeichnung an sich, nur die Veröffentlichung. Und da reicht es dann ja, die Stimme zu verfremden, und in einem Video das Gesicht unkenntlich zu machen.
    Wichtig könnte noch sein dass die aufzuzeichnenden Passanten Fremde in ihrer Hörweite haben, die sie auch bemerken können müssen.
    Damit wird die wichtige „Öffentlichkeit“ hergestellt.
    Z.B. bei Filmaktionen in der Öffentlichkeit.
    Szenario: Geparktes Auto oder Fahrrad auf dem ein provokanter Spruch steht.
    Werbung für eine provokante Abtreibungsseite oder ein Zitat von Dr. Brosa (Googlet: Polizei Sammelbecken) in Kombination mit einem Link zu AmnestyPolizei.de, etc…
    Und die Reaktionen der Passanten darauf werden gefilmt.
    Stellt das Team noch ganz „zufällig“ eigene Leute daneben, ist die Öffentlichkeit bekräftigt.

    • @Tobias, es gibt einen grundsätzlichen und gravierenden Unterschied zwischen a) Videoaufnahmen und b) Tonaufnahmen: ohne zu sehr in die Details zu gehen: Videos dürfen oftmals zwar aufgenommen werden, in manchen Fällen ist jedoch die Veröffentlichung verboten. Anders bei Tonaufnahmen, bei denen oftmals schon allein die Aufnahme einen Straftatbestand darstellt, unabhängig von einer Veröffentlichung.

      • Genau das hatte Ich ja geschrieben, der Faktor der „Öffentlichkeit“ war rechtlich gemeint.
        Es wäre gut, würde mal ein absoluter Experte etwas dazu sagen/schrieben.
        Wie wird „Öffentlichkeit“ hergestellt.
        Denn die Person die spricht, muss dafür ja nicht zwangsläufig wissen dass sie aufgezeichnet wird.
        Z.B. bei einer Rede auf dem Marktplatz. Da kann jeder einfach Audio aufzeichnen, ohne die Person zu informieren.
        Haben Profis Möglichkeiten „Öffentlichkeit“ herzustellen?
        StGB 201 gilt z.B. nicht bei Öffentlichen Gerichtsprozessen.
        Es mag andere Gerichts“regeln“, „Gesetze“ geben, aber das harte StGB 201 ist nicht anwendbar. Ein RA hat sogar mal gebloggt dass es ein straffreies Vergehen wäre.

        Angenommen ein Profi erhält den Auftrag ein Fahrrad/Auto mit einem provokanten Spruch zu parken, und die Reaktionen darauf zu filmen.
        Da geht es ja gerade darum, was die Personen sagen.
        Um z.B. den Charakter, die Einstellung zu dem „Frevel“ zu dokumentieren.
        Wie Reaktionär, Obrigkeitshörig, Untertänig etc. die Menschen sind.
        Das Gesicht kann Ich ersetzen (durch ein völlig anderes, auch das von Hitler etc.), und so die interessante Mimik erhalten. Sagt ja auch was über den Menschen aus.
        Aber die Sprache.
        Wer glaubt denn wirklich, dass TV-Teams „aus Gedächtnisprotokoll“ nachspechen?!?
        Ich kann es suchen, aber jemand vom Fach schriebt ganz offen auf seiner Seite dass man da den Ton aufzeichnet, und im Studio den Text abtippt.
        Dann wird das Original stark verschlüsselt und in den Safe gelegt. Ein Kopie wird vom Ton an der Stelle befreit. Falls es eine Haussuchung gibt, findet die Polizei nichts belastbares, und hat auch keine Chance das verschlüsselte Material zu knacken.

        „Nachsprechen“ (nicht wirklich wie beschrieben) ist aber auch aufwändig. Idealerweise hat mal einige Leute die das sprechen, und so gut wie möglich die Originalmodulation, die Emotionen etc. nachsprechen. Auch dafür sollten die das Original hören.
        Ja, Ich meine, das Gesetz an sich ist vervichtbar, auch wenn das für schlichte Menschen „naiv“ klingen mag. Auch wenn es mich selbst treffen kann.
        Es wäre ja schon ein Kompromiss wenn die Veröffentlichung verboten ist.
        Das erlaubt Transskripte, aber auch Nachsprechen auf Basis des Originales. Sowie auch Aufnahmen für Gerichte, egal ob es um Mord oder Zivilrecht geht.
        Denn ein Gericht kann heute ja beliebig entscheiden. Bei einem Mord illegale Aufnahmen zulassen, aber wenn es „nur“ um 50.000 Euro im Zivilrecht geht ablehnen.
        Widerwärtig.
        Außerdem hätte man die Möglichkeit die Stimme selbst zu verändern.
        Heute gibt es Software wie „Deepfake“, morgen evtl. eine um die Stimme in eine andere zu ändern. Und damit wäre es nicht mehr das Original, und eine Veröffentlichung theoretisch legal. Wenn zumindest fürs Erste der 201 so geändert würde, dass er der Situation beim Video entspricht.

        Was sich da auch stellt, ist die Frage, was ist, wenn jemand aufzeichnet, die Verjährungsfrist abwartet, und es einfach dann veröffentlicht.
        Dann wäre maximal noch Persönlichkeitsrecht möglich, aber nicht mehr das StGB.

        Oder moderne Mittel wie eine Live-Spracherkennung.
        Da findet keine Aufzeichnung auf einen Tonträger statt.
        Der Beweiswert ist natürlich sehr viel geringer bis nicht vorhanden, was aber für den Betroffenen ein Vorteil ist. Weshalb aber auch der Zweck des Gesetzes nicht übertragbar wäre. Mit so einer Aufnahme kann man ja jemand beweiskräftig vorführen. Bei einer angeblich eingesetzten Spracherkennung kann der Text auch selbst geschrieben sein.

        Eine Software extra zu dem Zweck sollte fürs Erste mal optisch die Stimmen trennen können. Z.B. farbig, mit Sprecher A, B… etc. markieren. Und idealerweise, auch gleichzeitig gesprochenes trennen können.
        Außerdem sollte die Sprachmelodie etc. gesichert werden. in Computerdaten, nicht als verbotene Aufzeichnung. So dass wenn das danach eine Computerstimme vorlesen würde, diese auch die Sprachmelodie, Aggressionen, Emotionen etc. wiedergibt.

        Wenn man dann in der Zukunft einmal jeden Menschen von dem man (heute bei Adobe Vocal) 20 Minuten Sprache hat von einem Computer echt klingend künstlich sprechen lassen kann, könnte man sogar wieder ein „original“ klingendes Fake nachbilden.
        Aufgrund des Umweges wäre dies aber kein Verstoß gegen StGB 201.
        Weil nie „das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger“ aufgenommen wurde.
        Und als Beleg hat man die Computerdaten.
        Ähnlich wie bei computergenerierten Videos illegaler Handlungen.
        Wenn die perfekt sind, sind die Zwischendaten wie Drahtgittermodelle der Beweis dass keine Straftat vorliegt…

        Um so besser und einfacher Sprachfakes möglich werden, um so sinnloser wird eh der StGB 201.
        Was Ich als Vorteil sehe. Wenn jeder jederzeit Aussagen von jedem anderen (evtl. mit wenigen Minuten Audio aus erlaubtem Heimvideo etc.) perfekt fälschen kann, verliert auch eine echte Aufzeichnung an Beweiswert gegenüber der Bevölkerung (wenn man etwas einfach so online veröffentlicht um die Person anzuprangern).
        Um so mehr kann man dann über die Abschaffung von StGB 201 eines Tages im Ganzen nachdenken.
        Auch wenn Ich persönlich dafür nicht die Basis der einfachen Fälschbarkeit brauche.

        Evtl. erscheint ja auch endlich mal die Software welche sehr gut Lippen lesen können soll.
        Wenn das Video an sich nicht verboten ist, dann kann man das was die Person sagt hinterher auch noch über das Lippen lesen belegen…
        Automatisch mit Software (Stand 2016, Google):
        https://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Software-Deepmind-Google-KI-kann-Lippenlesen-16753827.html

  2. Das war recht ausführlich…
    mir geht es aber nicht nur um die Rechtmäßigkeit, auch wenn die natürlich ebenfalls ein Kriterium ist. Aber: Ich möchte einfach nicht, dass man mich im Bus der der Bahn abhört. Ich gehöre nicht zu den Laut-ins-Handy-Schreiern, die man oft neben sich sitzen hat. Die machen ihre Gespräche ja eh öffentlich.
    Privat geführte Gespräche sollen auch privat bleiben. Zumal sich eh die Frage stellt, wozu das Abhören dienen soll. Dass manchmal jemand nach einer Straftat über Video identifiziert werden kann, ist schon klar, auch wenn ich diese Überwachung auch ablehne. Aber was bitte soll mit der Audioaufzeichnung erreicht werden?

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