Falsches Fahrziel

Der Mann mit seinem Akten­köf­fer­chen stieg mir an einem Hotel in Moabit ins Taxi und nuschelte so was wie “Leiblub­ber Straße”. Ich war mir nicht sicher und wieder­holte vorsichts­hal­ber “Leip­zi­ger Straße, in Mitte?”
“Ja, habe ich doch gesagt”, motzte er. Dann widmete er sich wieder seinem Gesprächs­part­ner, den er im glei­chen Ton abfer­tigte.

Ich war froh, dass er beschäf­tigt war und mich in Ruhe ließ. Am Fahr­ziel ange­kom­men, wollte ich kassie­ren, aber der Mann meinte, dass wir da falsch wären. “Nein, Leip­zi­ger Straße in Mitte, ich habe extra nach­ge­fragt”, antwor­tete ich.
“Hier ist es jeden­falls nicht”, sagte er aggres­siv, machte aber auch keine Anstal­ten, das irgend­wie aufzu­klä­ren.
Also nannte ich den Fahr­preis, aber er weigerte sich zu zahlen.
“Dann rufe ich jetzt die Poli­zei.” Ich hatte über­haupt keine Lust zu disku­tie­ren. Er brum­melte irgend­was von “unfä­hig” und kramte dann einen Zettel raus: “Hier, Leib­ni­zer Straße, sagte ich doch.”
“Dort steht Leib­niz­straße und die ist in Char­lot­ten­burg, nicht in Mitte. Deshalb hatte ich Sie vor dem Abfah­ren extra gefragt.”
“Da hätten Sie mich darauf hinwei­sen müssen. Ich bin ja nicht von hier und kann schließ­lich nicht alle Stra­ßen kennen.”
Als er die Tür öffnete und ausstei­gen wollte, brüllte ich nach hinten: “HIER­GE­BLIE­BEN!” Jetzt war ich echt wütend. Erst nicht die rich­tige Adresse ange­ben und dann abhauen wollen. Ich griff mir vorsichts­hal­ber mein Pfef­fer­spray, stieg aus und rannte um den Wagen rum. Dort stellte ich mich dem Mann in den Weg und verlangte das Fahr­geld.

Kurz zuvor war mir schon ein Pkw aufge­fal­len, in dem ein Mann und eine Frau saßen und uns inter­es­siert beob­ach­te­ten. Nun, als die Situa­tion zu eska­lie­ren drohte, stie­gen sie aus und stell­ten sich als Poli­zis­ten vor.

Ich ließ das Spray in der Tasche verschwin­den und erklärte ihnen, was passiert war. Und auch, dass der Fahr­gast gerade abhauen wollte.
Die Poli­zis­tin kontrol­lierte unsere Perso­na­lien, dann kam sie auf mich zu: “Sie kennen diesen Mann wirk­lich nicht?”
“Nein, es ist nur ein Fahr­gast. Aller­dings einer, auf den ich auch gerne verzich­ten würde.”

Sie fragte auch den Mann, ob er mich kennen würde. Dann forder­ten sie den Mann auf, die Fahrt zu bezah­len, was er auch unter Protest tat. Aber als er gehen wollte, teil­ten sie ihm mit, dass gegen ihn ein Haft­be­fehl vorläge und er durfte dann bei ihnen einstei­gen.
Vermut­lich ging es nun wieder an ein Ziel, zu dem er eigent­lich nicht wollte…

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