Sinn und Unsinn

Umweltministerin Svenja Schulze hat angekündigt, Plastiktüten verbieten zu wollen. Dafür erntet sie viel Lob. Aber warum eigentlich? Vielleicht deshalb, weil sie einfach was unternimmt. Aber sollte man vielleicht nicht eher etwas unternehmen, was auch sinnvoll ist, nicht nur aktionistisch draufhauen?

Ein Verbot von Plastiktüten in Deutschland bzw. Westeuropa würde die Meere, die vom Plastikmüll betroffen sind, nicht sauberer machen. Weniger als 0,1 Prozent des deutschen Plastikmülls landet in Ozeanen (lt. Our World in Data), gerundet wird sogar 0,0 Prozent angegeben. Und es ist zu vermuten, dass es sich dabei kaum um Einkaufstüten handelt. Stattdessen stammen international 86 Prozent aus asiatischen Ländern, gefolgt von den USA. Allein in Deutschland ist der Verbrauch von Plastiktüten in den vergangenen vier Jahren um 64 Prozent zurückgegangen, in anderen EU-Ländern gar um 90%.

Wer einkaufen geht, muss die Ware auch irgendwo einpacken. Doch die Alternativen sind nicht wirklich umweltfreundlicher. Für die Herstellung einer Papiertüte (in der man bei Regen seine Sachen lieber nicht nach Hause tragen möchte) wird so viel Wasser verbraucht, dass man sie 43 mal benutzen müsste, um eine ausgeglichene Umweltbilanz zu erreichen (lt. Umweltministerium von Dänemark). Noch schlimmer ist die Bilanz bei den Jutebeuteln, die gerne als Alternative gepriesen werden. Mindestens 100 mal müssten sie benutzt werden, damit ihre Bilanz besser ausfällt als die mit Plastik-Einkaufstüten (lt. Umweltschutzorganisation NABU).

Tatsächlich nutze ich zwar auch Stoffbeutel und Papiertüten, selten allerdings beim Einkaufen. Da ist es mir wichtig, dass ich eine Tasche habe, die stabil und wasserdicht ist. Die, die man für 20 Cent an der Kasse kauft, kann man öfter benutzen und das tu ich auch. Anders sieht es bei den extrem dünnen Beuteln aus, in die man in vielen Geschäften Obst und Gemüse einpackt, pro Sorte eine Tüte. Diese schmeißt man nach einmaliger Benutzung weg, weil sie meist eh schnell zerreißt. Doch ausgerechnet diese Tüten sind vom Verbot ausgenommen.
Wenn ich aber bei meinem Supermarkt eine eigene Tüte nehme, das abgewogene Obst dort rein lege und den Preisaufkleber außen dran klebe, bekomme ich an der Kasse Ärger. Dort sagt man mir, das Gewicht der Plastiktüte wäre in die Preiskalkulation der Ware eingeflossen, deshalb müsste ich sie auch nutzen, sonst wäre das Betrug. Interessante Argumentation, zumal der gleiche Laden einen eigenen Beutel für lose Ware anbietet – für 2,99 Euro!

Manche Geschäfte, wie z.B. Aldi, verkaufen die üblichen Einkaufstüten gar nicht mehr. Dort muss man auf Papier zurückgreifen oder auf sehr große Taschen, die für den „normalen“ Einkauf überdimensioniert sind. Warum kann man nicht einfach die üblichen Taschen etwas stabiler machen, so dass sie für eine lange Zeit halten? Dafür könnten die Geschäfte dann 1 oder 2 Euro verlangen und man nimmt diese Teile dann zusammengefaltet immer zum Einkauf mit. So wie ich es bisher auch mit den herkömmlichen Tüten mache, die aber schätzungsweise nur für rund 10 bis 15 Einkäufe halten. Danach dienen sie noch als Mülltüten für draußen oder als Sattelschutz an meinem Fahrrad.

Natürlich verleugne ich nicht die Notwendigkeit, mehr für den Schutz der Umwelt zu tun. Was ich aber nicht mag, ist Aktionismus, der nur das eigene Gewissen beruhigen soll, jedoch keine oder kaum eine Wirkung hat. Bei der Diskussion über die Plastiktüten sehe ich genau dies als Problem. Aber nur irgendetwas zu tun, egal ob mit oder ohne Sinn, ist Quatsch.

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2 Kommentare

  1. Gilt das Tütenverbot dann auch für die Hundekackbeutel? Die werden definitiv nur einmal genutzt im Gegensatz zu den meisten Aldi-, Lidl- oder Kaufhoftüten.
    @tom: Danke für den Link.

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