Taxihalte Bahnhof Zoo

Die großen Zeiten des Bahnhofs Zoo sind ja lange vorbei, heißt es. Seit 2006 ist der Hauptbahnhof der Hauptbahnhof, sein Vorgänger dort hieß noch Lehrter Bahnhof. Dieser Name rückte erst in den Hintergrund, dann verschwand er ganz.

Als am Bahnhof Zoo damals der letzte ICC abfuhr, dachte man, hier würde nun Ruhe einkehren und dass es sich nicht mehr lohnen würde, hier noch mit dem Taxi auf Fahrgäste zu warten. Aber so ist es nicht gekommen. Der Hardenbergplatz ist noch immer voller Menschen, vor allem weil hier mehrere BVG-Buslinien beginnen. In zwei Reihen stehen die Wartehäuschen, in die sich die Menschen hinein drängen, wenn es regnet. In jeder Reihe sind mehrere Haltestellen hintereinander, manchmal stehen die Fahrzeuge in einem Bus-Stau.

Die Taxis haben auch zwei Reihen, allerdings stehen sie nur in einer. Tagsüber auf der linken Fahrbahnseite, nachts auf der rechten. Das liegt daran, dass die Reihe auf der linken Seite weiter vorn beginnt, so dass die Leute, die aus der Bahnhofshalle oder von der Kreuzung kommen, zuerst diese Autos ansteuern.
Um Mitternacht rücken die Taxis der rechten Spur auf den Behinderten-Parkplatz vor, dann steigen die Fahrgäste lieber dort ein. Es ist nirgends geschrieben, dass es so sein soll, sondern es hat sich im Laufe der Jahrzehnte einfach so entwickelt.

Jetzt, während der Dämmerung, sind die Taxis eher ein Ruhepol. Kaum Fahrgäste. Links davon, an den Bushaltestellen, stehen die Leute dagegen in Trauben herum. Sowie ein Bus hält, drängen sie an die Türen, zwischendurch wogt die Menge nach vorn oder hinten, weil die Busse verschiedener Linien hintereinander halten, nicht immer an der gleichen Stelle.

Dazwischen ein Trinker-Pärchen: Sie schreit unverständliches Zeug, er lallt zurück, genauso undeutlich. Aber es geht ihnen wohl eh nicht um Argumente, sondern um Wortgeschosse deren Ziel der andere ist.
Ein höchstens 5-jähriges Mädchen steht direkt daneben, sieht die Streitenden mit großen Augen an, wie ein Drama auf der Leinwand. Die anderen Wartenden aber nehmen gar keine Notiz davon. Lautstärke sind sie hier gewohnt. Von den anderen Leuten, von den auf beiden Seiten fahrenden Autos, von den Zügen im Bahnhof.

Ein alter Mann läuft langsam und auf seinen Stock gestützt über die Straße durch die wartenden Taxis zum Bus. Er ist langsam, sehr langsam. Dem Fahrer eines VW Golfs wohl zu langsam, mit aufheulendem Motor rast der nur einen Meter hinter dem Alten entlang, aber der nimmt die Gefahr nicht wahr. Dabei ist diese Straße nur für Taxis und Behinderten-Fahrzeuge und nur bis Tempo 20 offen. Dem Fahrstil nach ist der Fahrer auch behindert. Sozialbehindert.

Während an der Ausfahrt des Hardenbergplatzes Curry 36 gute Geschäfte macht, stehen daneben am Mini Markt nur zwei Männer mit ihrem Bier. Die stehen immer hier.
Dahinter streckt sich das Hochhaus vom Hotel Waldorf Astoria in den Himmel. Breitschultrig versperrt es den Blick zum Breitscheidplatz. Der Bahnhof und alle anderen Gebäude sind zur Straße hin offen, mit Läden, Imbissen, Restaurants. Nur das Hotel schottet sich ab, trotzig abweisend.

Ganz links das alte Zoo-Hochhaus mit der Giraffe an der Wand. Dessen Tage sind gezählt, in den nächsten Jahren soll es abgerissen werden, dann kommt da ein neues Hochhaus hin. Dessen Etagen man noch teurer vermieten kann.

Unten im Erdgeschoss reihen sich die Fastfood-Läden aneinander. Wo McDonalds war, hat Risa übernommen, die orientalische Burger-Kette. Dann Vietnamesen, Bäckerei, Pizzeria, um die Ecke Burger, schräg gegenüber Fritzies mit Pommes für Besserverdienende. Zu Essen gibt es hier genug.

Viel die hier herum schlürfen können sich aber dort nichts leisten. Alle paar Minuten schaut jemand in die Mülleimer. „Das tapfere Eimerlein“ hat die BSR draufgeschrieben. Mutig muss man nicht mehr sein, um darin nach weggeworfenen Pfandflaschen zu wühlen. Nur verzweifelt.

Ein Rettungswagen vom Roten Kreuz stellt sich auf den Behinderten-Parkplatz. Einer der Sanitäter geht zu McDonalds, kommt nach einigen Minuten mit vollen Tüten wieder raus. Selbst diese Leute ignorieren, dass dies kein gewöhnlicher Parkplatz ist. Nach einer Viertelstunde fahren sie wieder weg.

Wenige Minuten später eilt eine Polizeiwanne mit Blaulicht von hinten über den Platz, bremst und hält ebenfalls auf dem Behinderten-Parkplatz. Acht Mann rennen in die Bahnhofshalle. Kurz danach kommen sie wieder raus, in ihrer Mitte einen schmalen jungen Mann, höchstens 20 Jahre alt, der einen Cellokoffer trägt. Was mag er getan haben, dass man ihm einen solch martialischen Polizeieinsatz widmet?

Neben dem Polizeiwagen hält ein Pkw in zweiter Reihe, blockiert die Wanne. Der Fahrer steigt aus, will in den Bahnhof gehen. Die Polizisten sprechen ihn an, schicken ihn weg. Doch er sieht das offenbar nicht ein, diskutiert noch mit den Beamten. Dabei steht er hier gleich viermal falsch: In zweiter Reihe, in einem für Privatautos verbotenen Teil, neben einem Behinderten-Parkplatz und schließlich blockiert er noch ein Polizeifahrzeug. Nach der Standpauke fährt er mit quietschenden Reifen weg.

Und ich rücke mit meinem Taxi langsam aber sicher nach vorn und hoffe auf eine weite Tour.

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1 Kommentar

  1. Schönes Bild unseres alten Bahnhofes. Diese Platz zeigt wirklich schon immer ein grandioses Bild von unserer Stadt.

    Aber der Fahrer am Schluss hat nichts falsch gemacht. Er wollte einfach nur auf dem für ihn reservierten BEHINDERTENPARKPLATZ parken. Hihi….

    Meine Saison ist nun zu Ende – trotz oder gerade wegen der üblichen Feierlichkeiten auf dem 17.

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