Oma Nethe

Trauer um Oma Nethe: Warum eine Beer­di­gung auch ein Freu­den­fest sein kann. Oma Nethe, so haben wir sie in unse­rer Fami­lie genannt, war ein außer­ge­wöhn­lich guter Mensch. Enkel­kin­der, Kinder, Nichte, Freunde und Bekannte kamen alle, um sich zu verab­schie­den. Jedem, der dort an ihrem Grab gestan­den hat, hat sie liebe Dienste und Hilfe­stel­lung gege­ben. Ohne großen Aufhe­bens, einfach so, ist sie stets bereit gewe­sen zu helfen. Einem die Hand zu reichen, wenn man selbst nicht mehr weiter wusste. Das war eine heraus­ra­gende Charak­ter­ei­gen­schaft von Waltraut Nethe.

Eine ihrer guten Taten: 1983 hat sie in Moabit den Berli­ner Obdach­lo­sen-Treff Warmer Otto der Berli­ner Stadt­mis­sion mit aufge­baut. In der Anlauf­stelle für Obdach- und Wohnungs­lose hat sie über Jahre Kaffee oder eine warme Suppe in der Kälte­sai­son an Bedürf­tige gereicht. Einen Hand­ar­beits­kreis in der Moabi­ter Heilands­kir­che hat sie auch ins Leben geru­fen. Im Gemein­de­saal der Kirche hat sich hier regel­mä­ßig ein Frau­en­kreis zum Hand­ar­bei­ten und Nach­bar­schafts­plausch getrof­fen. Beim kirch­li­chen Floh­markt in der Advents­zeit wurden dann die selbst­ge­strick­ten Socken, Mützen, Hand­schuhe und Topf­lap­pen verkauft. Der Erlös ging natür­lich an den Warmen Otto.
Über Jahr­zehnte ist Oma Nethe in Moabit bekannt gewe­sen wie ein bunter Hund. Auf der Straße trat sie ener­gisch in die Peda­len ihres alten Damen­ra­des und hatte es stets eilig, weil irgend­eine Aufgabe zu erle­di­gen war. Ihr Leben schien sie in den Dienst des Helfens und guten Mitein­an­ders gestellt zu haben.

Nach der Flucht aus Ostpreu­ßen arbei­tete Waltraut Nethe einige Jahre als Diako­nie­schwes­ter in Berlin. Nach dem Tod ihres Eheman­nes erlernte sie einen zwei­ten Beruf zur Kate­che­tin. Als Reli­gi­ons­päd­ago­gin hat sie dann sowohl an der Grund­schule und der Kirchen­ge­meinde die Schü­ler in den Grund­fra­gen des christ­li­chen Glau­bens unter­wie­sen. Dabei spiel­ten die „Zehn Gebote“, die auch heute noch unser ganzes sozia­les Mitein­an­der gestal­ten, die wesent­li­che Rolle.

Von sich selber soll Oma Nethe gesagt haben: „ich war immer so beschützt“. Diesen Satz erfuhr ich aus der Predigt des jungen sehr froh­ge­mu­ten Pastors in der Kirche. Ich konnte sehen, dass alle dabei lächel­ten und gewiss jeder ein bestimm­tes Bild von Oma Nethe vor seinen Augen hatte. Und weil sie sich so beschützt fühlte und vollen Herzens­wärme war, konnte sie in ihrem Leben wohl vielen Menschen ihre Unter­stüt­zung geben.

Wir waren getrös­tet von der Erkennt­nis, dass sie ein gutes, sehr ereig­nis­rei­ches Leben hatte. Bei strah­len­dem Sonnen­schein stand dann die Gruppe mit über­wie­gend jungen Menschen um ihre letzte Ruhe­stätte. Nicht trau­rig, sondern auch mit einem Gefühl der Zuver­sicht, dass wo immer sich ihre Seele oder ihr Geist befin­den sollte, wird es gut sein. Noch lange saßen wir zusam­men, haben gelacht, geges­sen und getrun­ken.

Auch das war Oma Nethes Wunsch gewe­sen. Zu ihrem Geburts­tag im Novem­ber hatte sie uns alle, Fami­lie und Freunde seit Jahren tradi­tio­nell zum Brunch einge­la­den. Das werden wir auf jeden Fall weiter­füh­ren. Natür­lich stets ein Gläs­chen dann auf Oma Nethe, die uns alle zusam­men­ge­bracht und uns über so viele Jahre gehal­ten hat. Haben Sie eine gute Zeit!

Sabine Stick­forth

Foto: Sabine Stick­forth
Der Text erschien zuerst im Berli­ner Kurier

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