Streng genommen ist es keine Mauer, sondern ein hoher, sehr massiver Stahlzaun mit spitzen Dornen obendrauf. Errichtet auf einer Betonumrandung, insgesamt rund drei Meter hoch. Er umschließt seit 2019 einen gesamten Block, mitten im Pankower Wohnviertel an der Neumannstraße. Tagsüber gibt es dort viel Gewusel. Schulen, ein Einkaufscenter und die Wohnblocks außenrum machen den Neumannkiez zu einer belebten Gegend. Und mitten drin, dieses 1,5 Hektar große Grundstück, Brachland, ohne jegliche Bebauung, geschützt von dem überdimensionierten Zaun.
Der Bezirk Pankow würde dieses Grundstück gerne für einen Schulneubau nutzen, denn die Zahl der Kinder und Jugendlichen in der Gegend steigt seit Jahren. Aber es gibt keine Chance, das Gelände bleibt vermutlich noch rund 40 Jahre lang unbebaut – wenn sich in China nichts tut.
Warum China?
Es war einmal in einem anderen Land, das sich an gleicher Stelle wie das Grundstück befand. Das Land DDR gibt es seit 1990 nicht mehr. Acht Jahre zuvor plante die Botschaft der Volksrepublik China, ihre Angestellten in einem eigenen Wohnblock unterzubringen. Für diesen Plan stellte die DDR-Regierung eben dieses Gelände zur Verfügung. Garantierte Nutzungsdauer: Bis zum Jahr 2066.
Doch es kam anders. China ließ sich Zeit, die Angestellten wohnten derweil in Niederschönhausen und anderen Stadtteilen und plötzlich gab es die DDR nicht mehr und alles wurde neu gemischt. Aber der Vertrag, den die DDR-Regierung mit China geschlossen hatte, blieb gültig. Nur, dass China das Grundstück nun nicht mehr nutzen wollte. Letztendlich ist dies der Status quo seit 1990.
Zwar gehört das Grundstück der Bundesrepublik Deutschland, ist jedoch belastet mit einem Erbbaurecht zugunsten der Volksrepublik. Und ob die Botschaft dort irgendwann mal irgendein Projekt realisiert, weiß niemand.
Die Natur machte sich seitdem über das Brachland her, das für Abenteuerspiele der Kinder aus der Nachbarschaft und manchmal auch für Quickies der Älteren herhalten musste. Bis die chinesische Botschaft im September 2019 einen Betonsockel mit dem massiven Zaun obendrauf einmal rund um das Gelände bauen ließ. Nur ein Tor an der Arnold-Zweig-Straße gewährt theoretisch Zugang, wenn es nicht ständig geschlossen wäre.
Und während der Bezirk Pankow sich über die verpasste Gelegenheit ärgert, dort eine neue Schule errichten zu können, haben die AnwohnerInnen einen unverbauten Blick auf die verwilderte Brache, in der sich nun die Natur austobt. Und auf die Wohnblöcke gegenüber. Auch schön.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar