Die Meierei Bolle war eine der Firmen, die die Entwicklung Moabits geprägt haben. Das war dem Unternehmer Carl Bolle auch bewusst und er tat einiges dafür, dass die Stellung seiner Firma weit über den Stadtteil hinaus gefestigt wurde. Seine Bolle-Wagen waren täglich in ganz Berlin unterwegs.
Im Jahr 1908 brachte er eine Broschüre heraus, in der die Abläufe in seiner Meierei sowie einzelne Abteilungen vorgestellt wurden. Mit vielen Fotos versehen geben sie einen guten, kurzen Einblick in den Ablauf des großen Betriebes an der Straße Alt-Moabit. Von solch einer Selbstdarstellung kann man nicht erwarten, dass sie auch selbstkritisch ist. Die Ausbeutung von Kindern und der bedenkliche Umgang mit der Hygiene wird in dem Heft natürlich ganz anders dargestellt.
Die Zahlen in dem Werk sind trotzdem beeindruckend. So wurden demnach im Jahr 1907 fast 50 Millionen Liter Milch verkauft, das meiste davon ausgeliefert durch die 257 Bolle-Wagen. Täglich wurden so 130.000 Liter von 24.000 Kühen unter die Leute gebracht. 450 Pferde standen in den eigenen Stallungen auf dem Gelände.
Das Heft zeigt auch, dass bei Bolle verschiedene Milchprodukte hergestellt wurden. Von Kefir, Schlagsahne und Butter bis hin zu einer eigenen Käseproduktion, für die allein zwei Millionen Liter Milch im Jahr verwendet wurden.
Ebenfalls vorgestellt wird die Arbeit des eigenen Bakteriologischen Laboratoriums. Dass genau dort nur drei Jahre zuvor versucht wurde, mittels manipulierter Proben eine Verseuchung der Milch zu verschleiern, wird natürlich nicht erwähnt.
Am Ende der Mitteilungen wird noch ein Blick auf den Molkereihof Marienhain in Köpenick geworfen, wo es zudem einen eigenen Spargel- und Obstanbau gab. Das Heft schließt mit Informationen zur Herstellung von Säuglingsnahrung sowie eine Liste, in der man ein Jahr lang wöchentlich das Gewicht eines Neugeborenen eintragen kann.
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