Mademoiselle Säule

Taxi­fah­rer kennen sie gut, die schlanke Dame, die man oft am Stra­ßen­rand sieht. Dort steht sie, blass, im hellen Kleid, und schaut schwei­gend scheu auf die Taxis, die sich vor ihr stauen. Sie hat nur ein Auge, manch­mal erstrahlt es Rot, wenn die Dame mal in Fahrt kommt. Dann klin­gelt es auch bei den Taxlern und irgend ein Kollege springt aus seinem Auto und rennt zu der Lady. Nach einem kurzen Rende­vouz verschwin­det er.
Doch auch wenn die Dame stun­den­lang ruhig und unauf­fäl­lig da steht, schüch­tern ist sie nicht. Wenn sie ruft, aber niemand kommt zu ihr, dann kann sie die Kolle­gen minu­ten­lang nerven. Und auch ihr großer, gelber Hut leuch­tet hell in die Nacht, “schaut auf mich!”, scheint er zu rufen.
Manchem Taxi­kol­lege scheint sie vertrau­ter als die eigene Frau, die sich viel­leicht sogar von ihr betro­gen fühlt. Dabei tut sie doch nichts Böses: Sie trös­tet die Taxler in langen Näch­ten, macht ihnen Hoff­nung — und manch­mal, wenn auch selten, erfüllt sie auch deren Erwar­tun­gen.

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