Friedhof der Künste

Berlin hat etliche Friedhöfe, aber nur wenige haben wirklich eine eigene Identität. Dazu gehört sicher der Waldfriedhof Zehlendorf, der in Friedrichsfelde und der Matthäus-Friedhof in Schöneberg. Und auf jeden Fall auch der „Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden“. Eigentlich sind es ja zwei, denn direkt daneben liegt noch der Französische Friedhof. Dorotheenstädtischer und Hugenotten-Friedhof lagen einst außerhalb der Stadtmauern, gleich vor dem Oranienburger Tor. Man betritt sie von der Chausseestraße aus, direkt neben dem Brecht-Haus. Bertolt Brecht ist nur einer der vielen Künstler, die dort liegen. Von Anfang an waren es Künstler wie z.B. Bildhauer, die dort ihre letzte Ruhe fanden. Bei einer solchen Klientel wundert es nicht, dass auch die Grabmäler teilweise sehr künstlerisch gestaltet wurden. Den Dorotheenstädtischen gibt es seit 1770, Namen wie Friedrich Schinkel, Johann G. Schadow oder Christian Daniel Rauch haben seinen Ruf begründet. Vor allem im 20. Jahrhundert kamen Komponisten, Schriftsteller, Schauspieler und Regisseure dazu, aber auch einige Politiker. Die Liste ist lang, mehr als 120 Namen finden Sie hier.

Wolf Biermann, in den Jahren vor seiner Ausbürgerung aus der DDR naher Nachbar des Friedhofs, hat ihm 1973 sogar in einem Lied ein eigenes Denkmal gesetzt. Zwar verwechselt er dort Dorotheenstädtischen und Hugenotten-Friedhof, aber das macht es nicht weniger interessant:

Der Hugenottenfriedhof

Wir gehn manchmal zwanzig Minuten
Die Mittagszeit nicht zu verliern
Zum Friedhof der Hugenotten
Gleich hier ums Eck spaziern
Da duftet und zwitschert es mitten
Im Häusermeer blüht es. Und nach
Paar wohlvertrauten Schritten
Hörst du keinen Straßenkrach

Wir hakeln uns Hand in Hand ein
Und schlendern zu Brecht seinem Grab
Aus grauem Granit da, sein Grabstein
Passt grade für Brecht nicht schlecht
Und neben ihm liegt Helene
Die große Weigel ruht aus
Von all dem Theaterspielen
Und Kochen und Waschen zu Haus

Dann freun wir uns und gehen weiter
Und denken noch beim Küsse geben:
Wie nah sind uns manche Tote, doch
Wie tot sind uns manche, die leben

Wir treffen das uralte Weiblein
Das harkt da und pflanzt da und macht
Und sieht sie uns beide kommen
Dann winkt sie uns ran und lacht
Die Alte erzählt uns von Achtzehn
Novemberrevolution:
»Hier schossen sich Spartakisten
Mit Kaiserlichen, die flohn!

Karl Liebknecht und Luxemburg Rosa
– so muss es den Menschen ja gehn! –
lebendig und totgeschlagen
Hab ich sie noch beide gesehn!
Als ich noch ein junges Ding war
– ich bin ja schon viel zu alt! –
Von hier bis zur Friedrichstraße
War alles noch dichter Wald!«

Dann freun wir uns und gehen weiter …

Da liegt allerhand große Leute
Und liegen auch viel kleine Leut
Da stehn riesengroße Platanen
Dass es die Augen freut
Wir gehn auch mal rüber zu Hegel
Und besuchen dann dicht dabei
Hanns Eisler, Wolf Langhoff. John Heartfield
Wohnt gleich in der Nachbarreih‘

Von Becher kannst du da lesen
Ein ganzes Gedicht schön in Stein
Der hübsche Stein da aus Sandstein
Ich glaub, der wird haltbarer sein
Die Sonne steht steil in den Büschen
Die Spatzen jagen sich wild
Wir halten uns fest und tanzen
Durch dieses grüne Bild

Dann freun wir uns und gehen weiter …

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