Wieder Knutwurst im Angebot!

Eigent­lich wollte ich heute einen Arti­kel darüber schrei­ben, dass im Tier­park mal wieder ein Eisbär gebo­ren wurde. Genau von der Mutter, die letz­tes Jahr ihr Baby aufge­fres­sen hatte. Dessen Bruder starb danach im Früh­jahr – kein Wunder, wer will schon eine Kanni­ba­lin als Mutter.
Mona­te­lang gab es nun Gerüchte, dass sie wieder schwan­ger sei. Anschei­nend geht’s im Bären­ge­hege zu wie im Karni­ckel­stall. Und es hat sich bewahr­hei­tet, vorige Woche kam erneut ein Eisbär­baby zur Welt. Und wenn sie es sich nicht wieder zum Mittag­essen umfunk­tio­niert, wird die Hype­ma­schine in den Massen­me­dien schnell wieder ansprin­gen.
Anläss­lich des Neuwurfs habe ich mich also entschlos­sen, keinen Arti­kel darüber zu schrei­ben, sondern einen alten zu nehmen, den ich an dieser Stelle vor 10 ½ Jahren unter dem Titel „So süüüß“ veröf­fent­licht habe:

Was ist eigent­lich passiert? Plötz­lich steht ein ganzes Volk Kopf, nur weil im Berli­ner Zoo ein Eisbär gebo­ren wurde. Und nur, weil es ja sooo süß ist, nehmen es nicht nur die Boule­vard­zei­tun­gen auf die Titel­seite, drucken sogar Poster und und kitzeln den Mutter­in­stinkt in Millio­nen deut­schen Frauen und Männern. Dabei ist es nicht mal ein Jahr her, als ein weite­rer Bär auf ganz andere Art bekannt gewor­den ist. Der Braun­bär Bruno, einge­wan­dert aus der tsche­chi­schen Tundra, wurde einfach abge­schos­sen, nur weil er es gewagt hatte, sich artge­recht zu ernäh­ren: Mit selbst geris­se­nem Wild, das aber in Deutsch­land so wild nicht mehr ist. Das hätte das Vieh mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund besser vorher wissen sollen, nun ist er tot.
Eisbär Knut jedoch ist nicht nur süß, sondern auch noch weiß, verbor­gene Rassis­men werden hier bedient. Er schaut immer ein biss­chen dumm in die Kame­ras, wie Babys es nun mal tun, eigent­lich alles nichts beson­de­res. Trotz­dem wird sein Dasein aufge­bauscht und ein paar Wochen nach seiner Geburt wird Geschichte um Geschichte um ihn gespon­nen, dass Tier­schüt­zer ihn umbrin­gen wollen usw., der BZ ist er in dieser Wochen­end-Ausgabe allein neun Arti­kel wert!

Mitten in den Zeitungs­be­rich­ten über Knut findet man die Annonce “Das Beste aus und um den Play­boy”. Ist es das, was die Menschen erregt? Die Verbin­dung zwischen Tier und Sex? Und dann noch mit Babys? Sex and Crime hat sich ja schon immer gut verkauft und starb der Bruder dieses Bären nicht kurz nach der Geburt? Völlig neue Erklä­run­gen bieten sich dar. Und in “Welt Online” äußert sich ein Extrem­tier­freund: “Die täppi­schen Weiß­pelze sind die liebs­ten Gesel­len auf der Welt. Ich habe mein Herz an sie verlo­ren. Sowie meine Arme, Beine und das linke Auge.”

Dieje­ni­gen, die den Hype nicht guthei­ßen oder die es äußern, dass sie Knut in erster Linie schmack­haft fänden, werden jeden­falls beschimpft und bedroht, sogar als unmensch­lich werden sie gebrand­markt, als wäre der Bär schon ein mensch­li­ches Wesen. Nach dem Besuch des weißen Zottel-Babys gehen die Berli­ner dann eine Curry­wurst essen, ohne eine Träne um das Schwein zu vergie­ßen, das dafür ster­ben musste. Es sind die glei­chen Leute, die ihre Hunde in Schutz nehmen, wenn man sich wegen der Tret­mi­nen auf dem Bürger­steig beschwert. Wider­lichs­tes, doppel­mo­ra­li­sches Gehabe. Ich will nichts mehr hören von “Knut tut gut” und all den ganzen ande­ren dummen Sprü­chen rund um diesen Eisbä­ren.

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