Noch zwei Tage vor der heutigen Verleihung der Ehrenbürgerschaft Berlins hatte der Liedermacher und Dichter Wolf Biermann den rot-roten Senat scharf angegriffen und der SPD die Zusammenarbeit mit der PDS als verbrecherisch vorgeworfen. Reflexartig wurde die Äußerung von den Politikern kritisiert: Senatssprecher Michael Donnermeyer sagte, mit dieser Wortwahl stelle sich Biermann “außerhalb dessen, was in einer demokratischen Diskussion erlaubt ist”. Ist das so? Hat sich Biermann nicht im Gegenteil mehr für demokratische Zustände eingesetzt, als die meisten anderen Deutschen? Seine Wortwahl war schon immer radikal und niemals glattgeschliffen, auch nicht in der Zeit, als die Stasi ihn rund um die Uhr überwachte.
Wenn sich die SPD heute aufregt, dann ist das nichts als Heuchelei. Wer Wolf Biermann ehrt, der weiß, dass der einer der unbequemsten Künstler unseres Landes ist. Haben sie denn geglaubt, dass der Wolf zum friedlichen Schäfchen wird und Kreide frisst, nur um eine Ehrung zu erhalten? Dann kennen sie Biermann aber schlecht.
Nein, es ist völlig egal, was man vom Auftreten des Liedermachers hält: Die Ehrenbürgerwürde Berlins hat er in jedem Fall verdient, weil sich als Jude, der einen Teil seiner Familie in Auschwitz verloren hat, immer gegen undemokratische Regierungen gewandt hat. Erst in der Bundesrepublik, dann in der DDR und weiter nach seiner Ausbürgerung. Biermann ist ein fester Teil der der Berliner Geschichte und ein Teil unseres Gewissens. Auch wenn er nicht so aalglatt ist, wie ihn manche gerne hätten.
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