Ortsteil: Altglienicke

Altglienicke

Wenn man verkehrs­güns­tig wohnen möchte, dann ist Altglie­ni­cke genau rich­tig: Von drei Seiten durch Auto­bah­nen und Schnell­stra­ßen begrenzt, die S‑Bahn umrun­det den Stadt­teil und schließ­lich gibt es noch den Flug­ha­fen BER. In Wirk­lich­keit ist der etwa 800 Jahre alte Ort aber ein Wirr­warr von Stra­ßen, viele davon noch mit Kopf­stein­pflas­ter. Einen Eindruck vom alten Dorf kann man in der Besen­bin­der­straße und der umlie­gen­den Gegend bekom­men. Altglie­ni­cke besteht zum großen Teil aus Einfa­mi­li­en­häu­sern, in der Dorf­mitte sind auch zwei- und drei­stö­ckige Uralt­bau­ten zu finden. Mitten­drin die Pfarr­kir­che von 1895, an deren Stelle zuvor eine kleine Dorf­kir­che gestan­den hat. “Möge die neue Kirche nie zu groß sein für unsere Gemeinde”, sagte Pfar­rer Hanstein zur Eröff­nung, als hätte er die heutige Situa­tion voraus­ge­se­hen. Damals jedoch hatte die Kirche eine wesent­lich größere Bedeu­tung in der Gesell­schaft, zwischen Taufe und Beer­di­gung war sie Mittel­punkt vieler Statio­nen im Leben der Menschen, nicht nur in Altglie­ni­cke. Heute würde die abge­ris­sene Kirche mit ihren 120 Sitz­plät­zen fast immer ausrei­chen.

Vor dem Ersten Welt­krieg war Altglie­ni­cke einer der Geburts­orte der Reihen­haus­sied­lun­gen, der Häus­chen für jeder­mann und seine Ehefrau, so schreibt Diet­her Huhn. Damals wurden viele der Stra­ßen nach germa­ni­schen Stäm­men genannt: Cimbern, Wenden, Teuto­nen, Goten und mitten­drin die Germa­nen­straße. Doch der kurz danach verlo­rene Krieg konnte nicht verhin­dern, dass 15 Jahre später ein schmal­ober­lip­pen­bär­ti­ger Mann erneut ein germa­ni­sches Reich errich­ten wollte. Auf dem Fried­hof von Altglie­ni­cke steht seit 2021 eine Glas­wand, auf der die Namen von 1.370 Menschen stehen, die hier als Opfer des Rassen­wahns beer­digt wurden.

Einmal stand Altglie­ni­cke sogar im inter­na­tio­na­len poli­ti­schen Schein­wer­fer­licht: Während der Teilung der Stadt lag der Ort direkt an der Grenze zu West-Berlin. Dies machte sich im Jahr 1955 der US-ameri­ka­ni­sche Geheim­dienst zunutze und grub einen Tunnel von Rudow nach Altglie­ni­cke. Dort wurden elf Monate lang Tele­fon­ge­sprä­che der sowje­ti­schen Mili­tärs mit Moskau abge­hört. Aller­dings wuss­ten die Sowjets durch einen Spion davon und leite­ten wirk­lich geheime Gesprä­che über andere Kanäle um. Im April 1956 “entdeck­ten” die Russen den Tunnel pres­se­wirk­sam, was den Namen Altglie­ni­cke welt­weit bekannt machte.
Heute gibt es an dieser Stelle eine Auto­bahn, die über mehr als einen Kilo­me­ter vom Land­schafts­park Rudow-Altglie­ni­cke über­spannt wird.

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Foto: Frido­lin freu­den­fett (Peter Kuley)

Wiki­me­dia Commons, CC BY-SA 3.0
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