
Eine der wichtigsten Ausfallstraßen Berlins Richtung Osten ist die B1/B5. Und diese führt auf beiden Seiten der alten Dorfkirche Biesdorf vorbei. Alt-Biesdorf heißt die Straße, außer der Kirche gibt es hier noch ein paar alte Gebäude und einen ehemaligen Gutshof. Aber wie ein Dorf sieht es hier schon lange nicht mehr aus.
Trotzdem ist Biesdorf auch Dorf, nur woanders. Tatsächlich gehört es mit Kaulsdorf und Mahlsdorf zu Deutschlands größtem zusammenhängenden Gebiet mit Ein- und Zweifamilien-Häusern. Heute ist Biesdorf Teil des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, früher mal von Lichtenberg. Doch seine Geschichte geht viel weiter zurück. Zwischen 8.000 und 9.000 Jahre werden Funde datiert, die bei Ausgrabungen entdeckt wurden. Seit ungefähr 3.000 Jahren ist das Gebiet dauerhaft besiedelt. Es ist wirklich ein Alt-Biesdorf, auch wenn es erst 1375 im Landbuch Karls IV. erstmals urkundlich erwähnt wurde.
Eines der wichtigsten Gebäude ist natürlich das Schloss Biesdorf, eigentlich ein ehemaliges Herrenhaus. Bis 1869 wurde der erste Teil davon auf dem Gut Biesdorf errichtet, eine Turmvilla im italienischen Stil. Zwischenzeitlich gehörte es dem Unternehmer Werner von Siemens. Im Laufe der Jahrzehnte wurde es immer mehr erweitert, außerdem der Gutshof zu einem Park umgewandelt.
Ab 1928 ist der Park öffentlich zugänglich, es kam eine Freilichtbühne dazu, in der bis heute Konzerte stattfinden und Filme gezeigt werden. Im Schloss wurden Diensträume der Polizei eingerichtet, 1933 zog auch die Ortsgruppe Biesdorf der NSDAP dort ein.
Nach Kriegsende beschlagnahmte die Rote Armee das Schloss, in die Räume kam eine Trauerhalle für gefallene oder verstorbene Sowjetsoldaten. Die toten Soldaten wurden im Gutspark provisorisch beigesetzt, nach dem Auszug der Sowjetarmee 1994 dann aber auf sowjetische Militärfriedhöfe umgebettet.
Heute ist das Schloss Biesdorf die kommunale Galerie des Bezirks und Stätte für Kulturveranstaltungen. Das Bauensemble dient als öffentliches Zentrum für Kunst und Kultur. Unter anderem gibt es das Theater am Park mit einem großen Saal.
Ein anderer wichtiger Punkt in Biesdorf ist das Krankenhaus. Das Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) versorgt Unfallverletzte und Notfallpatienten aus dem Raum Berlin-Brandenburg sowie Schwerbrandverletzte aus ganz Deutschland.
Die Geschichte des Krankenhauses geht jedoch auf das Jahr 1893 zurück. Damals wurde es als „Anstalt für Epileptische“, als Psychiatrische Klinik mit 1.000 Betten gegründet. Die Bebauung erfolgte in lockerer Villenform im Pavillonstil. Außer dem Haupthaus gab es etwa 40 kleinere Gebäude, rund die Hälfte davon existieren noch heute. In der Klinik wurden auch Zwangssterilisierungen vorgenommen.
Während der NS-Zeit sind im Rahmen des „Euthanasieprogramms“, der Aktion T4, mindestens 689 PatientInnen deportiert und ermordet worden. Zur Erinnerung an sie gibt es heute einen Gedenkstein auf dem Gelände. Ein zweiter Stein erinnert an die 180 Kriegstoten, die im Wuhlegarten in einem Massengrab bestattet wurden.
Während der DDR-Zeit erhielt die Klinik den Namen Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus. Ein Teil der Gebäude wurde jedoch nicht mehr als Krankenhaus genutzt. Stattdessen etablierte sich dort die Parteischule Franz Mehring, in der westdeutsche Kommunisten politisch ausgebildet wurden. Sie war offiziell eine Außenstelle des Franz-Mehring-Instituts der Karl-Marx-Universität Leipzig.
Übrigens gab es in Biesdorf sogar mal eine Luftschiffproduktion. Zwischen 1907 und 1909 wurde in Biesdorf-Süd die erste drehbare Luftschiffhalle errichtet. Am 23. Januar 1911 fand die erste 40-minütige Probefahrt des Siemens-Schuckert-Luftschiffes (SSL) statt. Heute ist davon nichts mehr zu sehen.
Foto: Angela M. Arnold
Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
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