Ortsteil: Biesdorf

Haupthaus Wilhelm-Griesinger-Krankenhaus

Eine der wich­tigs­ten Ausfall­stra­ßen Berlins Rich­tung Osten ist die B1/B5. Und diese führt auf beiden Seiten der alten Dorf­kir­che Bies­dorf vorbei. Alt-Bies­dorf heißt die Straße, außer der Kirche gibt es hier noch ein paar alte Gebäude und einen ehema­li­gen Guts­hof. Aber wie ein Dorf sieht es hier schon lange nicht mehr aus.

Trotz­dem ist Bies­dorf auch Dorf, nur woan­ders. Tatsäch­lich gehört es mit Kauls­dorf und Mahls­dorf zu Deutsch­lands größ­tem zusam­men­hän­gen­den Gebiet mit Ein- und Zwei­fa­mi­lien-Häusern. Heute ist Bies­dorf Teil des Bezirks Marzahn-Hellers­dorf, früher mal von Lich­ten­berg. Doch seine Geschichte geht viel weiter zurück. Zwischen 8.000 und 9.000 Jahre werden Funde datiert, die bei Ausgra­bun­gen entdeckt wurden. Seit unge­fähr 3.000 Jahren ist das Gebiet dauer­haft besie­delt. Es ist wirk­lich ein Alt-Bies­dorf, auch wenn es erst 1375 im Land­buch Karls IV. erst­mals urkund­lich erwähnt wurde.

Eines der wich­tigs­ten Gebäude ist natür­lich das Schloss Bies­dorf, eigent­lich ein ehema­li­ges Herren­haus. Bis 1869 wurde der erste Teil davon auf dem Gut Bies­dorf errich­tet, eine Turm­villa im italie­ni­schen Stil. Zwischen­zeit­lich gehörte es dem Unter­neh­mer Werner von Siemens. Im Laufe der Jahr­zehnte wurde es immer mehr erwei­tert, außer­dem der Guts­hof zu einem Park umge­wan­delt.

Ab 1928 ist der Park öffent­lich zugäng­lich, es kam eine Frei­licht­bühne dazu, in der bis heute Konzerte statt­fin­den und Filme gezeigt werden. Im Schloss wurden Dienst­räume der Poli­zei einge­rich­tet, 1933 zog auch die Orts­gruppe Bies­dorf der NSDAP dort ein.

Nach Kriegs­ende beschlag­nahmte die Rote Armee das Schloss, in die Räume kam eine Trau­er­halle für gefal­lene oder verstor­bene Sowjet­sol­da­ten. Die toten Solda­ten wurden im Guts­park provi­so­risch beigesetzt, nach dem Auszug der Sowjet­ar­mee 1994 dann aber auf sowje­ti­sche Mili­tär­fried­höfe umge­bet­tet.

Heute ist das Schloss Bies­dorf die kommu­nale Gale­rie des Bezirks und Stätte für Kultur­ver­an­stal­tun­gen. Das Bauensem­ble dient als öffent­li­ches Zentrum für Kunst und Kultur. Unter ande­rem gibt es das Thea­ter am Park mit einem großen Saal.

Ein ande­rer wich­ti­ger Punkt in Bies­dorf ist das Kran­ken­haus. Das Unfall­kran­ken­haus Berlin (UKB) versorgt Unfall­ver­letzte und Notfall­pa­ti­en­ten aus dem Raum Berlin-Bran­den­burg sowie Schwer­brand­ver­letzte aus ganz Deutsch­land.

Die Geschichte des Kran­ken­hau­ses geht jedoch auf das Jahr 1893 zurück. Damals wurde es als „Anstalt für Epilep­ti­sche“, als Psych­ia­tri­sche Klinik mit 1.000 Betten gegrün­det. Die Bebau­ung erfolgte in locke­rer Villen­form im Pavil­lon­stil. Außer dem Haupt­haus gab es etwa 40 klei­nere Gebäude, rund die Hälfte davon exis­tie­ren noch heute. In der Klinik wurden auch Zwangs­ste­ri­li­sie­run­gen vorge­nom­men.

Während der NS-Zeit sind im Rahmen des „Eutha­na­sie­pro­gramms“, der Aktion T4, mindes­tens 689 Pati­en­tIn­nen depor­tiert und ermor­det worden. Zur Erin­ne­rung an sie gibt es heute einen Gedenk­stein auf dem Gelände. Ein zwei­ter Stein erin­nert an die 180 Kriegs­to­ten, die im Wuhleg­ar­ten in einem Massen­grab bestat­tet wurden.

Während der DDR-Zeit erhielt die Klinik den Namen Wilhelm-Grie­sin­ger-Kran­ken­haus. Ein Teil der Gebäude wurde jedoch nicht mehr als Kran­ken­haus genutzt. Statt­des­sen etablierte sich dort die Partei­schule Franz Mehring, in der west­deut­sche Kommu­nis­ten poli­tisch ausge­bil­det wurden. Sie war offi­zi­ell eine Außen­stelle des Franz-Mehring-Insti­tuts der Karl-Marx-Univer­si­tät Leip­zig.

Übri­gens gab es in Bies­dorf sogar mal eine Luft­schiff­pro­duk­tion. Zwischen 1907 und 1909 wurde in Bies­dorf-Süd die erste dreh­bare Luft­schiff­halle errich­tet. Am 23. Januar 1911 fand die erste 40-minü­tige Probe­fahrt des Siemens-Schu­ckert-Luft­schif­fes (SSL) statt. Heute ist davon nichts mehr zu sehen.

Foto: Angela M. Arnold

Wiki­me­dia Commons, CC BY-SA 3.0
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