Potsdamer Platz zu vermieten

Wer tagsüber zwischen Potsdamer und Marlene-Dietrich-Platz spazieren geht, merkt keinen Unterschied zu – sagen wir – dem Jahr 2000, was die Beliebtheit des Ortes vor allem bei Touristen angeht. Doch die Enge zwischen den Hochhäusern ist trügerisch: Mittlerweile gibt es hier schon einigen Leerstand und die Tendenz ist steigend.

Die Gewerkschaft Verdi hat ihren Gebäudekomplex mit der runden Nase bereits Richtung Kreuzberg verlassen, große Transparente rufen nun nach neuen Mietern. Das selbe Schicksal wird den gläsernen Bahn-Tower treffen, wenn die Deutsche Bahn erstmal wie geplant an den Hauptbahnhof gezogen ist.
Aber auch von Daimler Benz und Sony hört man nichts Gutes: Von der Daimler-Tochter debis ist nur noch der große grüne Würfel hoch über ihrer einstigen Zentrale übrig. Nun hat Daimler durchblicken lassen, dass sie ihr Areal verkaufen wollen. Und auch Sony möchte sein Center veräußern. Auf eine Anfrage des Stadtmagazins tip wiegelte die Senatssprecherin Petra Rohland zwar ab, dass die Gebäude wohl verkauft, aber nicht „leergezogen“ werden sollen. Doch wer glaubt das schon.
Der eigentliche Skandal ist aber nicht nur, dass zu den 1 Million Quadratmetern Büro-Leerstand in Berlin demnächst noch einige dazu kommen, sondern dass wieder mal ein Großkonzern unverdienterweise an Berlin verdient. Denn der Senat hatte das Grundstück vor etwa 15 Jahren weit unter Wert verkauft, es ist aber nicht zu erwarten, dass Daimler diese Einsparung an den nächsten Käufer weitergibt.
Währenddessen muss man direkt am Platz schon aufpassen, dass einem nichts auf den Kopf fällt: Am Bahn-Tower sind schon mehrmals Glasscheiben zerbrochen und nach unten geregnet. Schlimmer siehts am Kollhoff-Hochhaus aus, hier haben sich Fassadenteile gelöst, so dass bereits seit über einem Jahr stabile Metallgerüste rund um das Haus angebracht sind, um die Passanten zu schützen. Wenn die Entwicklung des Wegzugs vom Potsdamer-Platz-Areal anhält, sind die Sicherungsmaßnahmen ja überflüssig. Dann gibt es hier keine Passanten mehr.

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4 Kommentare

  1. Dieser Kommentar ist praktisch nicht nachvollziehbar. Wieso verdienen, und das auch noch wieder einmal, Grosskonzerne unverdient an Berlin? Ohne Grosskonzerne wäre Berlin längst bankrott. Die montrös grossen jährlichen Finanztransfers aus dem Süden der Republik in den Berliner Staatshaushalt in einer Grössenordnung von mehreren Milliarden wären nicht denkbar, wenn nicht in Stuttgart der doofe schwäbische Autoschrauber brav am Fliessband den Daimler bauen würde. Und bei Siemens in München das Telefon. Die Mehrwerte, die dort in Konzernen entstehen, zahlen hier die Zeche. Aber das will der selbstgefällige Berliner meist nicht wahr haben. Auch im speziellen Fall des Potsdamer Platzes liegt der Kommentar falsch: Grosse, noch nicht abgeschriebene Immobilien-Komplexe absichtlich „leerzuziehen“ um so daran zu verdienen – das geht nur im Wirtschaftseinmaleins von Berlinern und Verschwörungstheoretikern. Im Vergleich zu den Investitonssummen und -risiken, die mit dem Potsdamer Platz verbunden waren, dürften die Gewinne jetzt beim Verkauf ausgesprochen bescheiden ausfallen – so sie denn überhaupt gegeben sind. In funktionierenden Metropolen, wie London, haben sich in den letzten 10 Jahren die Immo-Preise nahezu verdoppelt. In Berlin liegen sie inflationsbereinigt wieder auf dem Niveau von 1989. Wo da die grosse Abzocke sein soll? Das Problem ist eher umgekehrt: Ob Daimler und Sony heute nochmal investieren würden? Oder dann doch lieber gleich in Madrid oder Dublin? Und wieso dabei der Senat abgezockt wird, ist ebenso schwer nachvollziehbar. Schliesslich hat der Senat im Zusammenhang mit dem Grundstückspreis eine langjährige Verkaufssperre ausgehandelt – die jetzt eben abgelaufen ist. Alle Seiten sich an die Regeln gehalten, auf die sie sich zu Beginn des Geschäfts im Konsens und freiwillig als erwachsene Menschen eingelassen haben.

  2. L. Eckstein, arbeitest Du in der PR-Abteilung von Daimler oder Sony? Dass Berlin bankrott ist, liegt sicher nicht am „Wirtschaftseinmaleins von Berlinern und Verschwörungstheoretikern“, sondern eben an genau den von Dir so verherrlichten Großkonzernen, siehe Bankgesellschaft.
    Zu behaupten, die „braven“ Schwaben würden uns subventionieren, ist ja wohl lächerlich und hat zudem nichts mit dem Artikel zu tun. Dass Du die Berliner deshalb als „selbestgefällig“ bezeichnest, zeigt, dass Du ansonsten kein wirkliches Argument hast und stattdessen die Rhetorik der Hessen-Koch nachplapperst. Wahrer wirds dadurch nicht.

  3. Das Berlin „bankrott“ ist, liegt, historisch betrachtet, sehr wohl erheblich am Wegziehen der Grosskonzerne nach dem 2 WK. Während der Weimarer Republik waren fast 80% aller im Reich registrierten Aktiengesellschaften in Berlin ansässig. In keiner Stadt Europas gab es soviel Industriearbeitsplätze wie in Berlin – nicht mal in London. Diese Konzerne und die Leute, die in Ihnen gearbeitet haben (oder meinetwegen ausgebeutet wurden) haben Berlin zu dem gamcht, was es ist – einschliesslich der Bodenspekulanten, die die Hinterhöfe gebaut haben, in denen sich heute das „alternative Berlin“ so gerne vergnügt. Im Rahmen dieser Gesamtentwicklung – stürmisch nach vorn und dann stürmisch nach hinten, ist der Bankenskandal, den Du ansprichst, eher eine Episode am Rande. Oder in gewisser Weise auch nicht: Denn seit dem 2 WK hat sich in Westberlin Zweitlassigkeit breitgemacht. Schwiemelige zweitklassige Kunst, zweitklassige Immobilienentwickler/spekulanten, zweitklassige Politik und Bankiers. Und eine solche zweitklassige Bank war eben nicht wettbewerbefähig und machte Verträge, die anderswo in der Republik ihrergleichen suchen. Nochmehr verkennst Du die Realtität, wenn Du negierst, dass der Rest der Republik mit Transkferleistungen die Stadt Berlin am Leben hält. Pro Jahr Milliarden, meines Wissen 4-5 Milliarden aus Länderfinanzausgleich etc etc. Informiere Dich bevor Du so grosse Töne spuckst, bitte. Deine Diffamierungen (PR-Abteilung, Nachplappern) zeugen vielleicht von ideologischer Borniertheit und sprachlichem Geschick, aber eher nicht von ausgeprägter Debattenkultur.

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