Piratensender im Bundestag

Was haben Sie geschimpft, Regierung und viele Abgeordnete, als es um die bösen „Raubkopierer“ ging. Was hat die Polizei nicht alles unternommen, um die Piratensender zu erwischen, die die linke Szene in Berlin installiert hatte. Sternförmig rasten die Peilwagen durch Kreuzberg, ohne Erfolg, denn der Sender war selbst in einem fahrenden LKW versteckt. Und dann erst die linksextremen Zeitungen Interim und Radikal: Selbst das BKA war sich nicht zu schade, mit eigenen Agenten nach den Herstellern zu forschen. Das Thema Medien und Kriminalisierung ist seit vielen Jahren aktuell.
Und nun dies: Ausgerechnet im Deutschen Bundestag wird seit Langem ein illegaler Sender betrieben! Wie die Kommission Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten mitteilte, ist das Parlamentsfernsehen illegal. Ursprünglich wurden ja nur Parlamentsdebatten übertragen, Zugriff hatten lediglich eine begrenzte Zahl von Personen, wie Bundestagsmitarbeiter, Journalisten, Diplomaten. Damit sollte gewährleistet sein, dass sie immer auf dem aktuellen Stand der Diskussionen sind.
Mittlerweile aber ist der Sender frei empfangbar, sowohl als Livestream im Internet, als auch über Satellit und im Kabelfernsehen. Allein dies ist bereits fragwürdig, denn der Bundestag hat keine Sendelizenz und darf daher nur in einem räumlich eng begrenzten Umfeld senden, z.B. innerhalb des Reichstagsgebäudes. Tatsächlich aber sind die Sendungen bundesweit zu empfangen.
Doch es ist nicht bei den reinen Übertragungen der Debatten geblieben. Nach und nach wurde das Angebot ausgebaut, mittlerweile gibt es Interviews, Einspielfilme und sogar Talkshows. Das Parlamentsfernsehen hat sich zu einem regelrechten Infokanal entwickelt, ähnlich wie Phoenix.
Die Direktoren mehrerer Landesmedienanstalten haben den Sender nun als verfassungswidrig bezeichnet und das dem Bundestag auch mitgeteilt. Dort hält man den Einwand für übertrieben.
Offenbar gilt die Devise „Gleiches Recht für alle“ doch nicht für alle.

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