Auf den Spuren von Lutschliese und Analita

Oranien­burger in Mitte und Prostitution, das gehört schon seit hundert Jahren zusammen. Während heute die Barbiepüppchen die männlichen Touristen anbaggern, waren es früher eher ganz normale Hausfrauen, denen man ihr Gewerbe kaum ansah. Klar, es gab schon in den Zwanziger auch andere, mit zu kurzem Rock, aber offensichtlichem Interesse.
Auf der anderen Straßenseite standen die Jungs, gegenüber der Linienstraße, wo damals ein Toilettenhäuschen stand. So konnte dort gleich das Geschäft der anderen Art erledigt werden.
Die Damen begnügten sich nicht mit dem kleinen Stück Straße, sie standen auch in der Tucholsky- und Auguststraße, bis hinüber zur Steinstraße.

Wer heute nicht nur ein fleischliches Interesse an den Huren hat, konnte einige Jahre auf einer „Hur-Tour“ mehr über sie und ihre Geschichten erfahren. Merkwürdigerweise angeboten von der Volkshochschule Mitte, die den Stadtrundgang als Fort- und Weiterbildung deklarierte. Man muss heutzutage in seiner (ihrer) Berufswahl ja flexibel sein.

Die Touren liefen auf eher unterhaltsam-ironische Art, etwa wenn darauf hingewiesen wurde, dass bei den Namen einiger längst vergessener Huren auf deren Spezialgebiete geschlossen werden konnte: Lutschliese, Analita, Knochenrieke…
Man erfuhr auch was vom Unternehmungsgeist eines gewissen Jan T., der sich der Frauen annahm, deren Ehemänner vorübergehend in die Berliner Unterwelt abgetaucht waren. Er etablierte in der Friedrichstraße eine Nobelabsteige, in der Männer auf eben jene zurückgebliebenen Damen warteten.

Das VHS-Angebot existiert offenbar nicht mehr. Sehr wohl aber der Strich in der Oranienburger, mittlerweile gibt es dort sogar ein eigenes Bordell. Und wenig romantisch sind auch weiterhin die Zuhälter: Rocker und Russenmafia machen sich das Gebiet immer wieder mal streitig, erst vor Kurzem wurden bei einer Polizeiaktion dort gleich 18 Hells Angels festgenommen.

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