Deutsch statt Denglisch?

Auch ich bin oft genervt, wenn ich den Eindruck habe, dass immer mehr Wörter im Alltag durch engli­sche Begriffe ersetzt werden. Vor allem im tech­ni­schen Bereich stoße ich immer öfter darauf, obwohl es in den meis­ten Fällen nicht nötig wäre.

Dazu kommen sogar Satz­stel­lun­gen, die eben­falls aus dem Engli­schen über­nom­men werden, wie “in 2011«. Bisher hieß es: “2011 gab es eine tolle Rede…”, heute: “In 2011 gab es…”
Natür­lich bin ich nicht aus natio­na­lis­ti­schen Grün­den dage­gen, sondern deshalb, weil Deutsch nun mal die mir vertrau­teste Spra­che ist, auch wenn ich ganz gut mit Englisch und ein biss­chen mit Dänisch und Italie­nisch klar komme.

Dann gibt es aber noch dieje­ni­gen, die lieber “Welt­netz” sagen als “Inter­net”, und zwar, weil die engli­sche Begriffe aus rein ideo­lo­gi­schen Grün­den ableh­nen. Schließ­lich handelt es sich bei England und den USA um ehema­lige Kriegs­geg­ner und für einige Zeit­volks­ge­nos­sen ist der Krieg noch längst nicht vorbei. Und so hat die NPD im Land­tag von Sach­sen einen Antrag einge­bracht: “Deutsch statt Deng­lisch — Angli­zis­men im Verant­wor­tungs­be­reich der Staats­re­gie­rung vermei­den”. Der Grünen-Abge­ord­nete Miro Jenner­jahn hat darauf­hin eine bemer­kens­wert kluge Antwort­rede gehal­ten, die ich hier doku­men­tie­ren möchte. Danke an Sash für den Hinweis!

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http://www.youtube.com/watch?v=xAemDwDAZno

Sehr geehr­ter Herr Präsi­dent,
liebe Kolle­gin­nen und Kolle­gen!
Die NPD im Säch­si­schen Land­tag hat einen Antrag gestellt, auf Angli­zis­men, insbe­son­dere aus den letz­ten Jahren und Jahr­zehn­ten zu verzich­ten und zu diesem Zwecke für die Verwal­tung ein Hand­buch erstel­len zu lassen.

Auf dieses Ansin­nen antwor­tete die Staats­re­gie­rung  völlig rich­tig: Die Amts­spra­che in Deutsch­land ist Deutsch.

Aber es lohnt sich eine nähere Betrach­tung dieser wirk­lich wich­ti­gen kultu­rel­len Frage.

Zum einen: es gibt viele, die an der Amts­spra­che deutsch in regel­mä­ßi­gen Abstän­den verzwei­feln, wenn sie z. B. eine Verord­nung lesen. Aber das liegt in 99% der Fälle erkenn­bar und nach­weis­lich nicht daran, dass in der Verord­nung ein neue­rer Angli­zis­mus verwen­det wurde.

Zum ande­ren: das heute gebräuch­li­che Deutsch ist ein Spra­chen­bas­tard erster Güte. Es hat latei­ni­sche Lehn­wör­ter in seiner Früh­phase wie Fens­ter, Pforte und Tafel aus fenes­tra, porta und tabula aufge­nom­men. Es hat fran­zö­si­sche Lehn­wör­ter in seiner Kultur­phase wie goutie­ren, regie­ren, fille­tie­ren, tran­chie­ren und musi­zie­ren aufge­nom­men. Selbst sorbi­sche Lehn­wör­ter hat das Deut­sche in seiner Erobe­rungs­phase hier in unse­rer Region aufge­nom­men. Das bekann­teste Beispiel dürfte “Quark” sein. Und in seiner wirt­schaft­li­chen Entwick­lungs­phase hat das Deut­sche viel Englisch aufge­nom­men. Einzelne Lehn­wör­ter haben sogar Wege um den halben Globus zu uns zurück gelegt, z.B. das Wort ‚Amok’ aus dem Malay­ischen und das Wort ‚Tabu’ aus dem Poly­ne­si­schen, die uns Euro­pä­ern die Briten aus der Kolo­ni­al­zeit mitbrach­ten.

Wem also an sprach­li­cher Rein­ras­sig­keit gele­gen ist, der sollte Altsäch­sisch und Angel­säch­sisch (also Englisch) zum Pflicht­fach erhe­ben. Die Angeln und die Sach­sen, die im 6. Jahr­hun­dert das heutige Groß­bri­tan­nien erober­ten, dürfen mit histo­ri­schem Recht für sich bean­spru­chen, germa­ni­sche Urspra­chen gespro­chen und mit nach England gebracht zu haben.

Auf jeden Fall auf der rich­ti­gen Seite ist man als volks­treuer Germane,  wenn man seinem Kind gleich im frühen Alter ein vernünf­ti­ges “th” beibringt, denn ohne “Thing” kein echter Germane. Wem Englisch zu schwer ist, der kann sich auch mit Frie­sisch oder Platt­deutsch behel­fen, das ist dem Urger­ma­nisch immer noch näher als unser heuti­ges Hoch­deutsch. Ich plädiere aller­dings lieber weiter dafür, Englisch bereits im Kinder­gar­ten verpflich­tend zu lehren.

Wer eine andere tradi­tio­nelle deut­sche Spra­che aus eige­nem Recht dem Engli­schen vorzieht, kann sich am “Yiddish Daytsh” versu­chen, das sich zwischen dem 9. und 12. Jahr­hun­dert paral­lel zum Hoch­deut­schen, Engli­schen, Nieder­län­di­schen und Schwe­di­schen aus dem Ursäch­si­schen entwi­ckelte. Diese Spra­che entwi­ckelte sich hier – im mittel­eu­ro­päi­schen Raum und in Osteu­ropa.

Ich verstehe auch nicht, dass die NPD das Lehn­wort “Feuer” nicht vehe­ment ablehnt. Es stammt vom altfrän­ki­schen “fiur” ab und hat das altsäch­si­sche und damit so germa­ni­sche “eldund” genau so gnaden­los abge­löst wie Karl der Große die Sach­sen zwangs­chris­tia­ni­sierte. Die ideo­lo­gi­sche Prin­zi­pi­en­lo­sig­keit der NPD in Fragen der Rein­ras­sig­keit unse­rer Spra­che spot­tet doch jeder Beschrei­bung, wo sie doch auf das Wort für Feuer so elemen­tar ange­wie­sen ist bei den vielen Fackel­um­zü­gen und Brand­an­schlä­gen.

Dazu kommen neue­ren Angli­zis­men: Compu­ter ist ein allge­mein gebräuch­li­ches Wort gewor­den. Kein Mensch sagt “Zusam­men­zäh­ler”, wie man es wohl eindeut­schen müsste. Wir kommen kultu­rell mit Compu­ter irgend­wie zurecht. Die Fran­zo­sen haben sich mit ihrem Versuch, “ordi­na­teur” statt Compu­ter zu sagen, keinen Gefal­len erwie­sen. Keiner versteht sie. Sie haben sich eine sprach­li­che Paral­lel­welt orga­ni­siert. Viel­leicht hat die NPD ja das im Sinn: eine sprach­li­che Paral­lel­welt zu schaf­fen, die auch besser zu ihren ille­ga­len “Reich­s­päs­sen” passt.

Wer Angli­zis­men wie down­load aus germa­ni­schem Pflicht­be­wusst­sein abscheu­lich findet, muss sich vor Augen führen, dass wir es hier mit ursäch­si­scher Sprach­pflege zu tun haben, denn das Wort “down” stammt vom altsäch­si­schen “of dune” = vom Hügel, der Düne herab und auch das Wort “load” ist urger­ma­nisch, stammt es doch vom altsäch­si­schen “leite” = Weg oder Last. Down­load ist also urger­ma­ni­sche Sprach­pflege vom Feins­ten und verrät den gebil­de­ten Tradi­tio­na­lis­ten.

Das Engli­sche verdankt dem Deut­schen auch viele Lehn­wör­ter. Älte­ren Datums sind Wörter aus Kunst, Kultur und Philo­so­phie wie bildungs­ro­man, götter­däm­me­rung, wahl­ver­wandt­schaft, und zeit­geist.

Vor ca. 100 Jahren brach­ten die Deut­schen übri­gens viele Wörter, die Lebens­mit­tel bezeich­nen, mit nach Amerika, als sie dahin auswan­der­ten — wie brat­wurst, eisbein, hefe­wei­zen, und roll­mops. Übri­gens auch das sorbisch-deut­sche Quark!

Und im 20. Jahr­hun­dert hatten die Deut­schen nichts Besse­res zu tun als für so zwei­fel­hafte Lehn­wör­ter wie blitz­krieg, herren­volk, macht­po­li­tik und to go schuss (frei drehen) zu sorgen.

Dann doch lieber Compu­ter und Down­load!!

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Fischen im Trüben

idea.de und wört­lich fast gleich kath.net schrei­ben: Stutt­gart (idea) – Die „Gender-Ideo­­lo­­gie“ bekommt poli­ti­schen Gegen­wind. Über den Sinn und Unsinn solcher Anfüh­rungs­zei­chen habe ich schon früher berich­tet. Also dies­mal nur zum Inhalt! Aber was ist […]

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