Dilettant Friedrich und der Terrorismus

Es ist schon trau­rig, was der Innen­mi­nis­ter Hans-Peter Fried­rich da ablie­fert. Im Septem­ber rückte er die vielen Brand­an­schläge in Berlin in die Nähe des RAF-Terro­ris­mus’. Das ist entwe­der Dumm­heit, weil das mit Terro­ris­mus natür­lich nicht mehr zu tun hat als ein durch­schnitt­li­cher CSU-Partei­tag; oder es ist poli­ti­sches Kalkül, was schlim­mer wäre, aber wahr­schein­li­cher ist. Dumm ist es zusätz­lich, wenn jede (vermeind­li­che) Gewalt­tat gleich mit diesem Verdacht belegt wird, denn das verharm­lost tatsäch­li­che Terro­ris­ten, die es darauf anle­gen, Menschen zu töten.
Noch trau­ri­ger aber ist Fried­richs Reak­tion auf die Erkennt­nisse über die Neona­zi­gruppe “Natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Unter­grund” (NSU), die für zahl­rei­che Morde und Spreng­stoff­at­ten­tate verant­wort­lich ist. Auch diese bezeich­nete er als Terro­ris­ten, was zwar zutrifft, aber gleich­zei­tig eine Verharm­lo­sung darstellt, wenn man weiß, wen er so für Terro­ris­ten hält.

Anstatt aber die Verant­wor­tung dafür zu über­neh­men, dass Verfas­sungs­schutz und Bundes­kri­mi­nal­amt bei der Über­wa­chung der Gruppe versagt haben, stellt IM Fried­rich sofort die Sicher­heits­be­hör­den der Bundes­län­der an den Pran­ger. Sicher haben die eben­falls nicht rich­tig hinge­schaut und im Fall des VS Thürin­gen gibt es sogar den Verdacht, dass das absicht­lich so war. Aber da die NSU bundes­weit agierte, war auch nicht nur der Verfas­sungs­schutz von Thürin­gen oder Sach­sen zustän­dig.
Leider stehen gerade CSU-Poli­ti­ker nicht immer eindeu­tig gegen die brau­nen Szene. So durfte in Bayern jahre­lang die Wehr­sport­gruppe Hoff­mann mit mehre­ren hundert Neona­zis para­mi­li­tä­ri­sche Übun­gen durch­füh­ren, viele ihrer Mitglie­der waren scharf bewaff­net. Dass WSG-Mitglie­der an Über­fäl­len und Anschlä­gen betei­ligt waren, war für die bayri­sche CSU-Regie­rung kein Grund, die Gruppe zu verbie­ten. Dies hat erst der FDP-Bundes­in­nen­mi­nis­ter Gerhard Baum getan. Noch im selben Jahr begin­gen WSG-Mitglie­der das Okto­ber­fest-Atten­tat mit 13 Toten sowie einen Mord an einem jüdi­schen Ehepaar in Erlan­gen. Trotz­dem verharm­loste der dama­lige Minis­ter­prä­si­dent die Gruppe als “Wander­ver­ein”.

Was die aktu­elle Situa­tion betrifft, so hat die Verharm­lo­sung neona­zis­ti­scher Gewalt viel­leicht endlich mal ein Ende. Als erste Konse­quenz daraus soll­ten die von Minis­te­rin Ursula von der Leyen gestri­che­nen Gelder für Präven­ti­ons­pro­jekte sofort wieder frei­ge­ge­ben werden. Denn eine solche Terror­gruppe entsteht nicht im luft­lee­ren Raum, sondern inner­halb einer Szene. Und diese muss mit allen Mitteln bekämpft werden, auch mit sozi­al­ar­bei­te­ri­schen.

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1 Kommentar

  1. Es ist schon erstaun­lich fest­zu­stel­len, wie viel Aufwand der Staat getrie­ben hat, um die RAF zu verfol­gen, und wie wenig offen­sicht­lich in den letz­ten 10 Jahren getan wurde, um die NSU und ähnli­che Orga­ni­sa­tio­nen zu verfol­gen.

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