Zank in der Nacht

Es gibt Kollegen, für die man sich echt schämt. Zum Glück bin ich ihm nicht persönlich begegnet. Stattdessen wurde ich morgens um halb Zwei in Mitte gleich beim Checkpoint Charlie von einem aufgeregten Mann gewunken. Er sprach schlechtes Deutsch, ich glaube, er stammte aus dem Kosovo. „Bitte folgen Sie schnell dem Taxi!“, sagte er, aber in der Richtung war keines zu sehen. Trotzdem sind wir erstmal los und haben ein paar Runden um die nächsten Blocks gedreht. In der Zwischenzeit erzählte er mir eine haarsträubende Geschichte.
Er ist in Buckow eingestiegen und wollte in die Schützenstraße in Steglitz1. Nach eigenen Angaben sagte er auch, dass er nicht nach Mitte wollte, anscheinend hatte er schon schlechte Erfahrungen gemacht.
Der Fahrer fuhr aber doch Richtung Kreuzberg und landete schließlich in der Schützenstraße in Mitte, Fahrpreis rund knapp 20 Euro. Daraufhin ist der Fahrgast sauer geworden und hat sich mit dem Fahrer gestritten. Er ist dann ausgestiegen, woraufhin der Taxikollege mit dem Wagen wegfuhr – und der Aktentasche im Kofferraum, mit allen Papieren des Fahrgastes.
Wir fuhren also zur Polizeiwache in der Friedrichstraße, gerade 200 Meter entfernt, in der Hoffnung, der Fahrer würde sich dort melden und den Koffer abgeben. Dort war er aber nicht.

Glücklicherweise hatte der Fahrgast das Taxi telefonisch bestellt, so dass nach zwei Telefonanrufen klar war, um welchen Wagen es ging. Die Zentrale versprach mir, dass der Kollege mich gleich zurückrufen würde, aber nach fünf Minuten durfte ich nochmal dort anrufen und nachfragen. Als er dann endlich anrief, sagte er mir, dass der Fahrgast ihn beleidigt hätte und er deshalb weg gefahren sei. Ich hielt ihm vor, dass er damit die Unterlagen gestohlen hat und wir deshalb bereits bei der Polizei stehen. Er schrie ein bisschen herum, sagte mir dann aber zu, dass er innerhalb von 15 min. dort hinkommen würde. Allerdings nur, wenn ein Polizist dabei wäre. Offenbar hatte er Angst vor dem Fahrgast.

Mit ihm ging ich dann in die Wache und erklärte dem Polizisten die Lage. Der erklärte sich bereit, den Schutzmann zu spielen. Allerdings bin ich nicht mehr länger dort geblieben. Der Mann zahlte mir die 5,40 Euro, die unsere kurze Fahrt am Anfang gekostet hatte, die restlichen 20 Minuten war ich in samariterischer Absicht kostenlos im Einsatz am Telefon und bei der Polizei.

Wenigstens wurde ich dann direkt vor der Polizeiwache von einer netten Dame gewunken, die fast genau zu meinem Abstellplatz wollte. Damit war die Schicht beendet.

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  1. Ortsangabe geändert []

1 Kommentar

  1. Ein bisschen mehr Gelassenheit täte einigen da draussen ganz gut.
    Es ist zwar sicher schwer, bei dieser Sache die Wahrheit rauszufinden (Kunden sind ja auch nicht immer die Unschuldslämmer, die sie behaupten zu sein), aber wie kann man bitte mit dem Gepäck des Kunden abhauen? Wegen einer Beleidigung?
    Nee, nee, wahrlich keine Glanzleistung…

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