Nervenaufreibend

Über mytaxi hatte ich ja vor einigen Wochen schon geschrieben. Nun hatte ich zum ersten Mal das Vergnügen, die andere Seite kennenzulernen, nämlich eine Fahrt als Kunde. Das gestaltete sich schwerer, als gedacht. Die Software funktionierte, das GPS konnte mich auch fast an der richtigen Stelle verorten, Oranienstr. 65, nahe des Moritzplatzes.
Ich bestellte einen Taxifahrer, der eine 5-Sterne-Bewertung hat. Man hat ja schließlich Ansprüche. Mehrere freie mytaxi-Wagen waren näher, es wurde aber ein Wagen ausgewählt, der am Kottbusser Tor fuhr. Vielleicht hatten die anderen keine fünf Sterne, keine Ahnung, denn eine andere Einschränkung hab ich nicht eingegeben.

Auf dem Display konnte ich sehen, wie der Kollege nicht etwa in die Reichenberger Richtung Prinzenstraße fuhr, was der schnellste Weg gewesen wäre, sondern sich erstmal durch die volle Adalbertstraße zwängte. Keine Ahnung, wieso. Ich nahm mir vor ihn danach zu fragen, aber dazu kam es nicht mehr. Ich sah, wie er in der Oranienstraße nach rechts fuhr – also noch weiter weg von mir. Am Heinrichplatz bemerkte er offenbar seinen Fehler und fuhr nun endlich in meine Richtung. Ich sah dann nach insgesamt fünf Minuten, wie er den Moritzplatz umrundete, meine Adresse ansteuerte – und vorbei fuhr. Die Hausnummer 65 ist von der Straße aus gut zu sehen, ich habe keine Ahnung, wieso er nicht gestoppt hat. Auf dem Display wurde angezeigt, dass das Taxi nun angekommen ist, tatsächlich aber sah ich seine Rücklichter immer kleiner werden. In der Hoffnung, dass der Kollege seinen Fehler mal bemerkt und umkehrt, wartete ich weitere zwei Minuten und rief ihn dann an. Das ist das Schöne an mytaxi, dass man eine direkte Verbindung zum Fahrer aufbauen kann. Er sagte, dass er die Nummer nicht finden konnte und stattdessen nun einen anderen Fahrgast aufgenommen hat. Na super, ein vorbildliches Beispiel von Dienstleistungsbewusstsein.

Also bestellte ich erneut ein Taxi, das diesmal am Wassertorplatz fuhr. Dieser Fahrer wählte den Weg zum Kottbusser Tor, anstatt über die Wassertor- und Prinzenstraße zu fahren. Das verlängerte die Wartezeit um zwei bis drei Minuten. Als er endlich ankam, war sein Taxischild auf Frei geschaltet, obwohl er ja eine Bestellung hatte. Auch dieser Fahrer fuhr vorbei, bremste aber wenigstens nach 100 Metern und kehrte wieder um und blieb auf der gegenüber liegenden Straßenseite stehen. Dass man als Taxifahrer direkt vor dem Haus hält und seine Fahrgäste nicht über eine stark befahrene Straße laufen lässt, versteht sich eigentlich von selbst. Eigentlich. Dieser Fahrer sieht das offenbar anders.

Nachdem ich ihn herumgewunken habe und mein Fahrziel genannt habe („erstmal zum Abgeordnetenhaus“) fuhr er los. Auf Höhe des Axel-Springer-Verlags sagte ich ihm, dass er ja über die Zimmerstraße fahren kann, da haben wir weniger Ampeln. Er antwortete: „OK, und von dort zur Leipziger Straße.“
Ich wiederholte, dass ich zum Abgeordnetenhaus von Berlin wollte, nicht zur Leipziger Straße. Aber er kannte tatsächlich das Berliner Parlament nicht und war erstaunt, dass er auf der Zimmerstraße nur geradeaus fahren musste.
Am Abgordnetenhaus luden wir noch eine Freundin von mir ein und wollten dann nach Moabit: „Seydlitzstraße, durch den Tunnel, bitte.“ Sie verstand gar nicht, wieso ich so genervt war. Das änderte sich noch.
Im Tiergartentunnel fuhr er nämlich nicht etwa an der Invalidenstraße raus, was der direkte Weg zur Seydlitzstraße gewesen wäre, sondern weiter Richtung Heidestraße. Jetzt reichte es mir. Ich brüllte nach vorne, dass wir in die Seydlitzstraße wollten und ob er überhaupt weiß, in welcher Stadt wir hier sind. Natürlich wusste er nicht, wo sich die Straße befindet und ich musste ihn nach der Tunnelausfahrt noch dort hin lotsen. Am Ende der Fahrt wollte er 15,40 EUR kassieren. Ich gab ihm 13 Euro, sagte „stimmt so“ und stieg aus.

Und nun raten Sie mal, werter Leser, wieviel Sterne ich den beiden Fahrern wohl gegeben habe…

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10 Kommentare

  1. Wieso brüllst Du Deine Kollegen an (vom allgemein verbreiteten Problem der fehlenden Ortskenntnis einmal abgesehen) !? Du willst doch bestimmt auch nicht, daß man mit Dir in dieser Form in Deiner Kiste kommuniziert, oder!? Und perfekt bist Du doch bestimmt auch nicht…

  2. @ Streetking
    Nein, das sicher nicht. Aber ich war absolut genervt von der Unfähigkeit. Wenn ich die Straße nicht kenne, kann ich nicht irgendwo lang fahren, sondern muss fragen. Dazu kam, dass er schon auf der Oranien mit 70-80 km/h losgerast ist und ich ihn während der Tour mehrmals auffordern musste, langsamer zu fahren. In der Zimmerstraße fuhr er ohne zu bremsen durch die Kreuzungen, obwohl dort Rechts-vor-links-Regelung gilt. Wäre ein Auto gekommen, hätte er eine Vollbremsung machen müssen.
    Normalerweise ist Brüllen auch nicht meine Kommunikationsart, aber diesmal war es mir zum Schluss nicht mehr anders möglich.

  3. du hast ihnen natürlich die maximale anzahl an sternen gegeben damit sie noch viele, viele touren bekommen und immer besser werden, gelle!?

  4. Hrhr, da siehst Du mal, was der durchschnittliche Taxikunde so an Leiden ertragen muß.

    Übrigens, diese Taxiapps zeigen ja gerne den zu erwartenden Fahrpreis an, dieser wird aber wohl des Öfteren 10% zu hoch angezeigt? System (oh, der Fahrer hats sogar billiger hinbekommen!) oder Fehler?

  5. @ mime
    Genau. Sowas muss ja belohnt werden
    :-D

    @ Zero the Hero
    Nein, das ist sicher nicht der Durchschnitt was die Taxifahrer betrifft.
    Das mit dem angezeigten Fahrpreis kann nicht seriös sein, weil er von mehreren Faktoren abhängt, nicht nur von der Luftlinie zwischen zwei Orten.

  6. An Taxifahrern hab ich schon einige Marken erlebt. Mit der Beste war der, der mir erzählen wollte, daß ICH gerade dabei wäre einen Puff aufzumachen :-)

    Und mit den Apps: die App berechnet wohl eine vorgegebene Route (anscheinend die schnellste) und preist diese entsprechend aus. Ein guter Taxifahrer kennt aber die kürzeste Verbindung zwischen 2 Punkten (auch „die Abkürzung“ genannt) und fährt diese dann.

  7. @ Zero the Hero
    Ha, und was ich schon alles an Marken als Fahrgäste erlebt habe …

    Ansonsten Einspruch! Die Apps sind dumm und was ich da an Streckenführung (per Googlemaps ist das glaub ich) gesehen habe, ist alles andere als kürzeste Strecke. Oft sind das eben nur die breiten Straßen und erst am Ende die kleinen, auch wenn das viel kürzer gewesen wäre.

  8. Ohne Kunden wärs erträglich ;-)

    Und zu den Apps: es ist nicht die kürzeste, sondern wahrscheinlich die schnellste Strecke. Und die kann durchaus länger sein.

  9. @ Zero the Hero
    Auch wenn ich hier als Rechthaber dastehe, es ist wirklich nicht so. Gestern am S-Bhf. Hohenzollerndamm, ich gebe eine Straße in Kleinmachnow ein. Wie ich zum Ort komme, weiß ich natürlich, entweder über die AVUS (schneller) oder Zehlendorf (kürzer). Das schickt mich aber auf die Autobahn Richtung Dresden! Was soll ich da?
    Aber wahrscheinlich ist das nur so, damit die Fahrer gezwungen werden, mitzudenken und nicht alles zu glauben, was eine Maschine ihnen sagt
    :-)

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