Die Idee ist schon einige Jahre alt, nun wird sie Realität. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den Einspruch gegen die teilweise Umbenennung der Kochstraße in Kreuzberg verworfen, damit erhält sie zwischen Linden- und Friedrichstraße demnächst den Namen Rudi-Dutschke-Straße. Rechtzeitig zum 40. Jahrestag des Attentats auf Dutschke im Jahr 1968, das die Radikalisierung vieler Studenten zum Ergebnis hatte. Hauptgegner der 68er Studentenrevolte war der Axel-Springer-Verlag, dessen Berliner Redaktionshochhaus genau hier an der Kochstraße steht.
Nur wenige Jahre nach 1968 entstand der Plan zur Gründung einer alternativen Tageszeitung, die 1978 tatsächlich zum ersten Mal erschien, damals noch in einer Fabriketage im Wedding produziert. In den 80ern kaufte die Taz das Haus Kochstr. 18 und baute sogar noch einen Neubau dazu. Damit hatte sich die größte politische Konkurrenz des Springer-Verlags in derselben Straße niedergelassen, gleich schräg gegenüber.
Der kalte Krieg der ungleichen Verlage währte noch einige Jahre, mittlerweile ist es eher eine normale Konkurrenz. Als aber 1996 der nördliche Teil der Lindenstraße nach Axel Springer benannt wurde, konnte die Taz das nicht auf sich sitzen lassen. Der Name Rudi Dutschkes sollte dem von Springer gegenüber gestellt werden, doch es dauerte noch ein paar Jahre, in denen die Kreuzberger Bevölkerung befragt und mehrere Gerichte bemüht wurden. Nun also stoßen die beiden Namen genau an der Stelle aufeinander, an der aufgebrachte Studenten am 11. April 1968 die Auslieferungsfahrzeuge des Verlags in Brand setzten. Einige Stunden zuvor hatte ein von der Bild-Zeitung aufgehetzter Mann auf dem Kurfürstendamm Dutschke mit drei Pistolenschüssen schwer verletzt. Damit war eine Eskalation ausgelöst, die bis heute sowohl mit dem Axel-Springer-Verlag als auch mit der 68er Bewegung verbunden sind. Es hätte dem Springer-Verlag gut zu Gesicht gestanden, wenn er die Umbenennung souverän akzeptiert hätte, anstatt zu versuchen, sie gerichtlich zu verhindern.
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