Auch zehn Jahre nach der ersten Veröffentlichung noch aktuell:
Es ist die Schande unserer Zeit. Jeden Tag sterben Menschen im Mittelmeer, weil sie auf der Flucht vor Hunger, Verfolgung, Krieg und Armut versuchen, das rettende Europa zu erreichen. Doch selbst wenn sie es schaffen, mit kleinen Booten das Meer zu überqueren, sind sie noch nicht gerettet. Schon unzählige Male wurden afrikanische Flüchtlinge von den Grenzbooten Italiens, Maltas oder Griechenlands wieder ins Wasser zurück geschickt, viele der Schutzsuchenden überlebten das nicht.
Laut offiziellen Zahlen der UNO-Flüchtlingskommission sterben pro Jahr durchschnittlich tausend Menschen auf ihrem Weg über das Mittelmeer nach Europa. Fast alle von ihnen ertrinken, manche verdursten aber auch in ihren Booten, andere sterben vor Erschöpfung. Manche dieser Boote sind drei Wochen lang unterwegs, ohne dass sie Hilfe bekommen.
Die unabhängigen Hilfsorganisationen gehen von ganz anderen Zahlen aus. Nicht 20.000 Menschen sind nach ihrer Ansicht seit den frühen 90er Jahren im Mittelmeer gestorben, sondern das mehrfache davon. Die Differenz erklärt sich dadurch, dass die UNHCR nur die namentlich bekannten oder nachvollziehbaren Opfer zählt. Offenbar sind namenlose Tote nicht tot.
„UNO meldet zwei Boote mit mehr als 400 Menschen an Bord als verschollen. +++ Laut der Nachrichtenagentur ANSA wurden in Libyen 68 Leichen an die Küste gespült. +++ Am 15. Dezember kenterte ein Flüchtlingsboot vor Lesbos – 28 Menschen ertranken.“ +++ Rund 61 Flüchtlinge aus Nigeria, Eritrea, Ghana und Sudan sollen auf hoher See ums Leben gekommen sein, nachdem Nato- und Militärschiffe von EU-Mitgliedstaaten mehrere Hilferufe der Bootsflüchtlinge ignoriert und die Schutzsuchendem ihrem Schicksal überlassen hatten. +++ Am 6. September 2012 starben 63 Menschen beim Versuch, nach Griechenland zu gelangen, mehr als die Hälfte von ihnen waren Kinder. +++ Ein Boot mit mehr als 600 Schutzsuchenden an Bord sank bereits kurz nach Ablegen von libyschem Territorium. Es wird befürchtet, dass die meisten Flüchtlinge ertrunken sind.“
Das Schicksal der Flüchtlinge darf uns nicht egal sein. Es ist ein Verbrechen, dass die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX Jagd auf diese Menschen macht, anstatt ihnen zur Hilfe zu kommen. Offenbar werden afrikanische Leben als weniger wertvoll betrachtet, als europäische.
Hinter jedem Menschen, der bei der Überquerung des Meeres umkommt, steht eine Familie. Eine Mutter, ein Vater oder Geschwister, die hoffen, dass er es schafft, der Verfolgung, dem Krieg oder dem Hunger zu entfliehen. Oft warten sie monatelang vergeblich, bis sie langsam begreifen, dass ihre Angehörigen niemals wiederkommen werden, nie mehr einen Brief schreiben. Sie erfahren nie, wann und wo er gestorben ist.
Was da unter der Sonne des Mittelmeers geschieht ist eine Tragödie – und ein Verbrechen. Wenn man in Deutschland eine Menschen auf der Straße verbluten lässt, ist das eine strafbare unterlassene Hilfeleistung. Wenn das gleiche in großem Stil nur wenige hundert Kilometer weiter südlich passiert, ist es Politik. Eine widerliche Politik, die in unserem Namen geschieht.
Was können wir tun?
Sicher könnte man ein Schiff chartern und im Mittelmeer Bootsflüchtlinge aufsammeln. Wirklich realistisch ist das nicht.
Man kann aber dafür sorgen, dass diese Katastrophe nicht weiter verschwiegen wird. Immer und immer wieder muss öffentlich gemacht werden, dass die Toten aus dem Süden nicht einfach nur gestorben sind, sondern dass ihr Tod das Ergebnis der europäischen Abschottungspolitik ist. Dürften diese Menschen legal einreisen, um in Europa Asyl zu beantragen, wären sie nicht gezwungen, den gefährlichen Weg über das Wasser zu wählen.
Wir müssen dieses Thema öffentlich machen. Mit Plakaten, in Veranstaltungen, mit Forderungen an die Politiker. Das Sterben im Mittelmeer muss ein Ende haben. Flüchtlingen muss die Möglichkeit zur legalen Einreise nach Europa gegeben werden, ohne dass sie dafür ihr Leben riskieren.
Moin, moin,
das Schicksal der beschriebenen Flüchtlinge ist eine Blamage für die westliche Welt. Hätte ich tatsächlich belastbare Belege für die Hilfeverweigerung auf See, würde ich sogar Strafantrag wegen unterlassener Hilfeleistung stellen.
Das löst das Problem aber nicht grundsätzlich. Es kann dauerhaft sicher nicht richtig sein, alle Kriegs-, Hunger- und Armutsflüchtlinge in Europa aufzunehmen. Es muss Ziel sein, die Verhältnisse vor Ort so zu verändern, dass diese Menschen auch in ihrer Heimat normal leben können. Wenn ich wüste wie, würde ich sofort anfangen.
In der Zwischenzeit haben wir alle aber die moralische Pflicht, hier humanitär zu helfen. Wäre doch vielleicht ein nettes Projekt wenn Dieter H. aus M. hier mal ein paar seiner Millionen stiften würde.
Dass so viele Menschen nach Europa flüchten hat zum Teil/Großteil auch damit zu tun, dass Europa und andere Staaten für das Elend z.B. in Afrika verantwortlich sind. Es sind die Folgen der Kolonialpolitik und solange sich in „unserer“ der Wirtschaftspolitik nichts ändert, werden wir weiterhin mit Schutzsuchenden konfrontiert sein.
Dass da noch viel „Folgen der Kolonialpolitik“ ursächlich sind, glaube ich weniger. Zweifellos ist es eher die „westliche“ Wirtschaftspolitik, wie sie inzwischen auch von Russland und China gepflegt wird und zu einem nicht geringen Teil auch eigene (afrikanische oder sonstwo) Unfähigkeit und Korruption.
Man kann ja ab und zu mal Nachrichten schauen.
Im Zusammenhang mit der Umwidmung der Hagia Sophia war in der Tagesschau vom 13.Juli 2020 folgendes zu hören:
„doch der Türkei die Tür schließen, Konsens ist das nicht, trotz aller Probleme wissen die Minister, wie wichtig sie ist als Helfer, der Flüchtlinge fern hält.“
Komentar Markus Preiß: „Die EU arbeite an weiteren Sanktionen, hieß es heute hier in Brüssel, doch Kritiker finden, die sind oft zu wenig zupackend. Zwar gab es in der Vergangenheit bereits mehrfach Einschränkungen von Rüstungsexporten in die Türkei, alte Verträge aber werden weiter bedient, allen politischen Spannungen zum Trotz.“
Nächste Meldung von Judith Rakers; „Die Zahl der Hungernden weltweit ist erneut angestiegen, dies geht aus dem heute in Rom vorgestellten Welternährungsbericht der Vereinten Nationen hervor. Seit 2015 nahm die Zahl der Hungernden und Unterernährten kontinuierlich zu, bis auf rund sechshunderneunzig Millionen im vergangenen Jahr. In Folge der Coronapandemie gehen Experten für 2020 von einem massiven Anstieg auf bis zu achthundertzwanzig Millionen Hungernden Menschen aus. Das von den Vereinten Nationen gestellte Ziel, den Hunger in der Welt bis 2030 zu besiegen, rückt damit in weite Ferne.“
Den Hunger zu besiegen, wäre sofort möglich, man muß nur allen genug zu essen geben von den Lebensmitteln, die im Überfluß vorhanden sind. Aber solange das Kapital die Welt knechtet, wird der Hunger weder 2030, noch irgendwann besiegt werden.
Der vollgefressene kapitalistische Fettsack braucht für seine Existenz den Hungernden, wie der Reiche für seine Existenz den Armen braucht.