Sicher ist sicher

Für die Stim­mung im Taxi ist es besser, wenn man nicht mit dem Fahr­gast strei­tet. Wenn er der Meinung ist, von Bahn­hof Zoo nach Steglitz soll ich über die Auto­bahn fahren — ok, warum nicht. Ich sage ihm, dass es ein Umweg ist, streite ich aber nicht mit ihm darüber.

Schwie­ri­ger wird’s, wenn die Fahr­gäste sich unter­ein­an­der strei­ten. Dann halte ich mich da möglichst raus, auch wenn ich von hinten gefragt werde, was ich denn dazu zu sagen habe. Dies­mal ging es aber nicht in erster Linie um die Stre­cke, sondern um den Fahr­stil. Den würde ich als ange­mes­sen bezeich­nen: Nicht zu lang­sam, aber auch nicht beson­ders schnell, voraus­schau­end fahren und auch mal die Spur wech­seln, wenn man dafür noch bei Grün über die Ampel kommt.

Fahr­gäs­tin und Fahr­gast schie­nen anfangs ziem­lich relaxt, bis sie anfing zu sticheln: “Schau mal, wie schnell man die Stre­cke auch fahren kann.”
“Ja. Na ja.”
“Wieso na ja? Der Taxi­fah­rer fährt auch nur 50 Stun­den­ki­lo­me­ter und kommt trotz­dem schnel­ler durch als du immer.”
“Weil er stän­dig hin und her wech­selt.”
“Das stimmt doch gar nicht. Er fährt einfach nur offen­si­ver als du. Und vor allem schleicht er nicht so.”
“Natür­lich nicht, Zeit ist Geld. Außer­dem schlei­che ich nicht, ich fahre ledig­lich siche­rer.”
“Aber hier sind 50 Stun­den­ki­lo­me­ter erlaubt und du fährst immer nur 30.”
“Da stehen auch Schil­der mit 30 km/h.”
“Aber nur bis 18 Uhr. Jetzt ist es halb Elf und du würdest immer noch 30 fahren.”
“Sicher ist sicher! Umsonst stehen die Schil­der ja nicht da.”
“Aber deshalb brauchst du immer so lange.”
“So viel länger nun auch nicht. Und wenn es dir nicht passt, dann heirate doch den Taxi­fah­rer. Dann kannst du jeden Tag mit ihm durch die Gegend rasen!”
“Was soll das denn jetzt? Das ist wirk­lich albern. Außer­dem rasen wir gar nicht, wir sind genauso schnell wie die ande­ren Autos.”
“Und wenn plötz­lich ein Kind auf die Fahr­bahn gelau­fen kommt?”
“Mitten in der Nacht? Es könnte natür­lich auch ein Flug­zeug hier abstür­zen oder ein Komet.”
“Das ist mir jetzt zu blöd. Herr Taxi­fah­rer, bitte halten Sie an.”

Ich: “Das geht hier nicht, hier ist abso­lu­tes Halte­ver­bot.”
“Das ist mir egal!”
“Nein, aus Sicher­heits­grün­den darf ich hier nicht anhal­ten. Aber ich rase noch bis zur Kreu­zung, da können Sie dann ausstei­gen.”

Er stieg tatsäch­lich dort aus und ich brachte noch die Lady nach Hause.
“Ist er immer so?”, wollte ich wissen.
“Ja, deshalb habe ich auch die Schei­dung einge­reicht. Das wollte ich ihm auch heute noch sagen. Ich mache das, wenn er nach Hause kommt.”
“Verges­sen Sie’s nicht, sicher ist sicher!”
Wir muss­ten beide herz­lich lachen. Und ein gutes Trink­geld gab’s noch dazu.

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