Feuerland

Es ist wie so oft in Berlin: Der Schein trügt! Wo sich heute ein Park befin­det, war einst ein Ort des Schre­ckens. Wo vor hundert Jahren Menschen unter kata­stro­phals­ten Bedin­gun­gen wohn­ten, spie­len heute Kinder in der Sonne.
Auch wer heute durch Mitte spaziert, dort wo teure Apart­ment­häu­ser entste­hen und die Altbau­sub­stanz luxus­sa­niert wird, kann sich kaum vorstel­len, dass es hier einmal Maschi­nen­fa­bri­ken gab, Schwer­indus­trie, Loko­mo­ti­ven­bau. Dabei ist es eigent­lich offen­sicht­lich, doch die meis­ten sehen die Hinweise nicht.

Am west­li­chen Ende der Torstraße, wo die Fried­rich­straße beginnt, stand bis 1867 das Orani­en­bur­ger Tor. Es war Teil der Akzi­se­mauer, die einst das alte Berlin vor Steuer- und Solda­ten­flucht schützte.
Nörd­lich der Torstraße, wo im 18. Jahr­hun­dert zwei Fried­höfe an der Chaus­see nach Orani­en­burg ange­legt wurden, entstand vor mehr als 200 Jahren eine breite Metall- und Maschi­nen­bau-Indus­trie. Noch heute erin­nern Stra­ßen­na­men wie Borsig‑, Wöhlert‑, Pflug- und Schwartz­kopff­straße an einige der Unter­neh­men, die die Gegend zwischen Chaus­see- und Garten­straße, Tor- und Liesen­straße geprägt haben.
Den Beginn machte 1804 die König­lich Preu­ßi­sche Eisen­gie­ße­rei an der Inva­li­den­straße. Hier wurde z.B. Karl Fried­rich Schin­kels Natio­nal­denk­mal auf dem Kreuz­berg gegos­sen. Ab 1815 gab es dort erste Expe­ri­mente mit dem Bau von Dampf­lo­ko­mo­ti­ven.
Es blie­ben nicht die einzi­gen. Die Eisen­gie­ße­rei und Maschi­nen­bau­an­stalt von Franz Anton Egells folgte 1826, bis 1852 die von August Borsig, Johann Fried­rich Ludwig Wöhlert, Louis Schwartz­kopff sowie die Waggon­fa­brik von Fried­rich Adolf Pflug. Tausende Arbei­ter zogen täglich in die 33 dort ansäs­si­gen Fabri­ken. Und weil Schwer­indus­trie zum Schmel­zen viel Feuer braucht, das den Himmel durch Dutzende von Schorn­stei­nen verdun­kelte, setzte sich in der Bevöl­ke­rung der Name Feuer­land für dieses Indus­trie­ge­biet durch. Allein Borsig baute an der Chaus­see­straße mehr als 500 Loko­mo­ti­ven. Mitten auf der Inva­li­den­straße lagen die Gleise, um die ferti­gen Waggons und Dampf­loks abzu­trans­por­tie­ren.

Da Berlin zu dieser Zeit jedoch immer weiter wuchs, lagen die Fabri­ken irgend­wann mitten in der Stadt. In den 1880-er Jahren war damit Schluss. Teil­weise zogen sie noch nach Moabit, die meis­ten aber gleich weiter nach Norden und Westen an die Havel. Dort erin­nern z.B. die Egells­straße oder der Orts­teil Borsig­walde daran, obwohl auch da längst alles wieder verschwun­den ist.

In Mitte kann man gegen­über des Doro­theen­städ­ti­schen Fried­hofs heute noch das Borsig-Haus sehen, das jedoch erst nach dem Abriss der Fabrik als Zentral­ver­wal­tung der Firma errich­tet wurde. Auch auf dem Fried­hof selbst findet man Hinweise zu den Prot­ago­nis­ten des Feuer­lands. August Borsig und Louis Schwartz­kopff sind hier begra­ben sowie der berühmte Archi­tekt Johann Hein­rich Strack, der auch für mehrere Borsig-Bauten verant­wort­lich war. An der Ecke zur Tieck­straße wurde eine Gedenk­ta­fel für das Feuer­land aufge­hängt, eine andere erin­nert weiter südlich an Borsigs Werk.
Und dann gibt es natür­lich noch die lebens­große Bron­ze­sta­tue eines Schmieds, der direkt über dem Haupt­ein­gang des Borsig-Hauses wacht.

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