Der Kreuzberger Moritzplatz ist ein typisches Beispiel dafür, wie erst der Krieg einen Stadtteil zerstört und danach eine widersinnige Stadtplanung verhindert, dass daraus wieder etwas erwächst.
Bis in die 1940er Jahre war der Platz eine Kreuzung, kein Kreisverkehr. An der südöstlichen Ecke befand sich das große Wertheim-Kaufhaus. Extra wegen dieses Kaufhauses hatten die Verkehsbetriebe den U‑Bahn-Bau vom Kottbusser Tor zur Neanderstraße (heute Heinrich-Heine-Straße) gestoppt. Statt unter dem Oranienplatz hindurch wurde die Linie nun zum Moritzplatz geführt. Hier sollte eigentlich ein Umsteigebahnhof gebaut werden, weswegen der Bahnhof heute eine viel zu große Zwischenetage hat.
Wertheim bekam zwar seinen U‑Bahnhof, wurde aber während des Kriegs zerstört, so wie auch die anderen Gebäude ringsum.
In den Nachkriegsjahren war geplant, eine Autobahn durch Kreuzberg zu bauen, auch quer über den Platz. Zwar war nach dem Mauerbau klar, dass daraus erstmal nichts wird, trotzdem wurde außer einem Fabrikneubau jahrelang nichts mehr am Moritzplatz gebaut. Dem Platz hat das nicht gutgetan.
Unmittelbar nördlich des Kreisverkehrs befand sich während der Mauerzeit ein Grenzübergang nach Ost-Berlin, wie auf dem Foto gut zu sehen ist. Die eigentliche Mauer verlief an der Sebastianstraße.
Unmittelbar neben dem tosenden Verkehr des Moritzplatzes befindet sich heute eine ländliche Idylle. Wo einst Wertheim stand, liegt jetzt der Prinzessinnen-Garten, ein 2009 entstandenes Projekt, in dem Menschen aus der Umgebung eigenes Gemüse, Salate und Kräuter anpflanzen. Manches was hier geerntet wurde, wandert direkt in die Küche des Gartens. Und oben drüber summen die Bienen der kleinen Imkerei.
Natürlich gibt es schon einen szenepassenden Namen dafür: Urban Gardening. Sinn dieser Stadtgärten ist sicher nicht nur, dass man sich sein autoabgasverseuchtes Gemüse selber zieht, sondern vor allem das soziale Miteinander.
Dass der Moritzplatz aber jemals wieder ein attraktiver Ort wird, ist leider zu bezweifeln.
Schreibe den ersten Kommentar